Einführung: Das Bundessozialgericht (BSG) hat am 26. September 2024 einen Vorlagebeschluss (Az.: B 8 AY 1/22 R) an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) gerichtet. Darin wird die Verfassungsmäßigkeit der Bedarfsstufe 2 nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG) für alleinstehende Personen in Gemeinschaftsunterkünften hinterfragt.
Ein guineischer Staatsangehöriger, der im Besitz einer Aufenthaltsgestattung war, klagte gegen die Höhe der ihm gewährten Leistungen nach dem AsylbLG. Die beklagte Kommune bewilligte ihm Leistungen nach der Bedarfsstufe 2, da er in einer Gemeinschaftsunterkunft untergebracht war. Das Sozialgericht Gelsenkirchen gab der Klage statt und verpflichtete die Beklagte, Leistungen nach der Bedarfsstufe 1 zu gewähren. Die Beklagte legte daraufhin Revision beim BSG ein.
Kernfrage des Verfahrens ist, ob die Regelungen des § 3a Abs. 1 Nr. 2 Buchst. b AsylbLG und § 3a Abs. 2 Nr. 2 Buchst. b AsylbLG, die für alleinstehende Erwachsene in Gemeinschaftsunterkünften die Bedarfsstufe 2 vorsehen, mit Art. 1 Abs. 1 GG in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip aus Art. 20 Abs. 1 GG vereinbar sind. Das BSG hat Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit dieser Regelungen, da der Gesetzgeber keine hinreichenden Belege dafür vorgelegt hat, dass in Gemeinschaftsunterkünften tatsächlich Einsparungen durch gemeinsames Wirtschaften erzielt werden, die die niedrigere Bedarfsstufe 2 rechtfertigen könnten.
Das BSG hat das Verfahren ausgesetzt und dem BVerfG die Frage zur Entscheidung vorgelegt, ob die genannten Regelungen verfassungsgemäß sind. Das BSG argumentiert, dass die Regelungen auf der Annahme beruhen, dass in Gemeinschaftsunterkünften durch gemeinsames Wirtschaften Einsparungen möglich sind. Diese Annahme sei jedoch nicht durch empirische Daten belegt und daher nicht tragfähig. Das BSG stützt sich dabei auf die Entscheidung des BVerfG vom 19. Oktober 2022 (1 BvL 3/21), in der eine ähnliche Regelung für Analogleistungsberechtigte für verfassungswidrig erklärt wurde.
Eine Entscheidung des BVerfG wird erhebliche Auswirkungen auf die Leistungsgewährung nach dem AsylbLG haben. Sollte das BVerfG die Regelungen für verfassungswidrig erklären, müssten alleinstehende Personen in Gemeinschaftsunterkünften Leistungen nach der höheren Bedarfsstufe 1 erhalten. Dies würde zu einer finanziellen Mehrbelastung für die Kommunen führen.
Das Verfahren vor dem BVerfG wird Klarheit über die Verfassungsmäßigkeit der Bedarfsstufe 2 im AsylbLG schaffen. Die Entscheidung wird wegweisend für die zukünftige Ausgestaltung der Leistungen nach dem AsylbLG sein und könnte auch Auswirkungen auf andere Bereiche des Sozialrechts haben.
Quelle: Bundesozialgericht, Beschluss vom 26.09.2024, Az.: B 8 AY 1/22 R