Ein kürzlich ergangener Beschluss der 1. Kammer des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 20.12.2024 (1 BvR 1790/22) befasst sich mit der Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör im Zivilprozess. Der Fall beleuchtet die Bedeutung der Berücksichtigung des Parteivorbringens, insbesondere in Bezug auf das Feststellungsinteresse bei Feststellungsklagen.
Der zugrundeliegende Fall betrifft ein Zivilverfahren, in dem die Klägerin Feststellungsklage erhoben hatte. Das Landgericht Berlin (Az: 60 S 2/21) hatte die Klage abgewiesen. Parallel zu diesem Feststellungsverfahren war ein Leistungsklageverfahren anhängig. Das Landgericht ging auf das Vorbringen der Klägerin zum Fehlen des Feststellungsinteresses, insbesondere im Hinblick auf das parallel laufende Leistungsverfahren nicht ein.
Kern der rechtlichen Auseinandersetzung war die Frage, ob das Landgericht den Anspruch der Klägerin auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat, indem es ihr Vorbringen zum Fehlen des Feststellungsinteresses im Hinblick auf das parallel laufende Leistungsverfahren nicht berücksichtigte. Dabei spielte insbesondere § 256 Abs. 1 ZPO, der das Feststellungsinteresse regelt, eine Rolle.
Das BVerfG gab der Verfassungsbeschwerde der Klägerin statt. Die Kammer entschied, dass das Landgericht das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt habe, indem es ihr Vorbringen zum Fehlen des Feststellungsinteresses nicht erörtert hatte. Die Nichtberücksichtigung des Parteivorbringens stelle einen Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG dar. Das BVerfG hob die Entscheidung des Landgerichts auf und verwies die Sache zurück.
Dieser Beschluss des BVerfG unterstreicht die Bedeutung des rechtlichen Gehörs im Zivilprozess und verdeutlicht, dass Gerichte verpflichtet sind, sämtliches relevante Parteivorbringen zu berücksichtigen. Insbesondere bei Feststellungsklagen ist die sorgfältige Prüfung des Feststellungsinteresses, auch im Hinblick auf parallel laufende Verfahren, essentiell. Die Entscheidung stärkt die Rechte der Parteien im Zivilprozess und betont die Notwendigkeit einer umfassenden gerichtlichen Prüfung aller relevanten Aspekte.
Der Kammerbeschluss des BVerfG liefert eine wichtige Klarstellung zur Bedeutung des rechtlichen Gehörs im Zivilprozess, insbesondere im Kontext von Feststellungsklagen. Die Entscheidung dürfte die Praxis der Gerichte beeinflussen und dazu beitragen, dass das Parteivorbringen in allen relevanten Aspekten berücksichtigt wird. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in diesem Bereich weiterentwickelt.