Umsatzsteuerliche Organschaft und Entnahmebesteuerung bei hoheitlicher Tätigkeit des Organträgers
Umsatzsteuerliche Organschaft und Entnahmebesteuerung bei hoheitlicher Tätigkeit des Organträgers
Einführung: Ein kürzlich vom Bundesfinanzhof (BFH) gefälltes Urteil vom 29.08.2024 (V R 14/24) klärt wichtige Fragen zur umsatzsteuerlichen Organschaft und der Entnahmebesteuerung, insbesondere im Zusammenhang mit hoheitlich tätigen Organträgern. Die Entscheidung hat weitreichende Bedeutung für die Praxis und bestätigt die bisherige Rechtsprechung des BFH in zentralen Punkten, korrigiert sie aber in Bezug auf die Entnahmebesteuerung.
Sachverhalt:
Der Fall betrifft die umsatzsteuerliche Behandlung von Leistungen einer Organgesellschaft an ihren Organträger, der hoheitlich tätig ist. Im Mittelpunkt standen die Fragen der Steuerschuldnerschaft des Organträgers und die mögliche Entnahmebesteuerung.
Rechtliche Probleme:
Das Verfahren drehte sich um die folgenden Rechtsfragen:
- Ist die Steuerschuldnerschaft des Organträgers gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG mit Unionsrecht vereinbar?
- Sind entgeltliche Leistungen einer Organgesellschaft an den Organträger steuerbar?
- Führt die Nichtsteuerbarkeit solcher Leistungen zu einer Entnahmebesteuerung beim Organträger gemäß § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG?
Entscheidung und Begründung:
Der BFH entschied:
- Die Steuerschuldnerschaft des Organträgers nach § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG ist unionsrechtskonform. Dies entspricht dem Urteil des BFH vom 18.01.2023 - XI R 29/22.
- Leistungen einer Organgesellschaft an den Organträger gegen Entgelt sind, wie in der bisherigen Rechtsprechung des BFH, nicht steuerbar.
- Die Nichtsteuerbarkeit führt nicht zu einer Entnahmebesteuerung beim Organträger. Da ein Entgelt vereinbart wurde, liegt keine Unentgeltlichkeit vor, die eine Entnahmebesteuerung nach § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG auslösen würde. Damit gibt der BFH seine frühere Rechtsprechung aus dem Urteil vom 20.08.2009 - V R 30/06 auf.
Auswirkungen:
Das Urteil schafft Klarheit hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung von Leistungen innerhalb einer Organschaft mit hoheitlich tätigem Organträger. Die Klarstellung zur Entnahmebesteuerung ist besonders relevant für die betroffenen Unternehmen. Die Entscheidung wirkt sich auf die Steuerbelastung von Organträgern aus und präzisiert die Anwendung des § 3 Abs. 9a Nr. 2 UStG.
Schlussfolgerung:
Der BFH bestätigt mit diesem Urteil die grundsätzliche umsatzsteuerliche Behandlung von Organschaften. Die Korrektur der Rechtsprechung zur Entnahmebesteuerung beseitigt eine bisherige Unsicherheit und vereinfacht die steuerliche Praxis. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Rechtsprechung in zukünftigen Fällen weiterentwickelt.
Quellen:
- BFH, Urteil vom 29.08.2024 - V R 14/24
- BFH, Urteil vom 18.01.2023 - XI R 29/22
- BFH, Urteil vom 20.08.2009 - V R 30/06
- EuGH, Urteil vom 11.07.2024 - C-184/23
- EuGH, Urteil vom 01.12.2022 - C-269/20
- Niedersächsisches Finanzgericht, Urteil vom 16.10.2019 - 5 K 309/17