Einführung: Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Beschluss vom 22. Januar 2025 (Az. VIII B 124/23) entschieden, dass ein gegenstandslos gewordener Antrag auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung nach § 50d Abs. 2 Satz 1 EStG nicht als formloser Erstattungsantrag nach § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG umzuedeuten ist. Diese Entscheidung klärt eine wichtige Frage im Bereich der Kapitalertragsteuer und hat potenzielle Auswirkungen auf die Antragstellung von Steuerpflichtigen.
Der Beschluss des BFH erging im Rahmen eines Verfahrens, das vom Finanzgericht (FG) Köln (Urteil vom 15. März 2023, Az: 2 K 1501/20) an den BFH weitergeleitet wurde. Die genauen Details des Sachverhalts sind im Beschluss anonymisiert und werden hier daher nicht wiedergegeben. Es ging jedoch um die Frage, ob ein Antrag auf Erteilung einer Freistellungsbescheinigung, der gegenstandslos geworden war, als Antrag auf Erstattung von Kapitalertragsteuer gewertet werden kann.
Kern der rechtlichen Auseinandersetzung war die Auslegung des § 50d EStG. Der BFH hatte zu klären, ob ein gegenstandslos gewordener Antrag auf Freistellung nach § 50d Abs. 2 Satz 1 EStG implizit auch einen Erstattungsantrag nach § 50d Abs. 1 Satz 2 EStG enthält oder in einen solchen umgedeutet werden kann. Dabei war insbesondere zu berücksichtigen, ob eine solche Umdeutung mit den unionsrechtlichen Prinzipien der Äquivalenz und Effektivität vereinbar ist.
Der BFH entschied, dass ein gegenstandslos gewordener Freistellungsbescheinigungsantrag weder einen formlosen Erstattungsantrag enthält noch in einen solchen umzudeuten ist. Der BFH begründete seine Entscheidung damit, dass die Voraussetzungen für einen Erstattungsantrag und einen Freistellungsantrag unterschiedlich sind und eine automatische Umdeutung den gesetzlichen Vorgaben widersprechen würde. Auch unter Berücksichtigung der unionsrechtlichen Prinzipien der Äquivalenz und Effektivität sah der BFH keine Grundlage für eine Umdeutung.
Die Entscheidung des BFH hat Auswirkungen auf die Praxis der Antragstellung im Bereich der Kapitalertragsteuer. Steuerpflichtige müssen nun sicherstellen, dass sie explizit den korrekten Antrag stellen, um ihre Rechte zu wahren. Ein versehentlich gestellter und später gegenstandslos gewordener Freistellungsantrag kann nicht nachträglich als Erstattungsantrag gewertet werden.
Der Beschluss des BFH vom 22. Januar 2025 (Az. VIII B 124/23) bietet Klarheit hinsichtlich der Auslegung des § 50d EStG und der Umdeutung von Anträgen. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der korrekten Antragstellung im Steuerrecht und verdeutlicht, dass Steuerpflichtige sorgfältig prüfen müssen, welchen Antrag sie stellen, um ihre steuerlichen Interessen effektiv zu wahren.
Quelle: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 22. Januar 2025, Az. VIII B 124/23, veröffentlicht auf der Website des BFH.