Einführung: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat am 20.06.2024 in einem wegweisenden Urteil (Az. 11 A 3/23) entschieden, dass das Fehlen einer bestimmten Fläche im amtlichen Verzeichnis geschützter Biotope nicht automatisch bedeutet, dass diese Fläche keinen gesetzlichen Schutz genießt. Die Entscheidung hat Bedeutung für den Biotop-, Kulturlandschafts- und Denkmalschutz im Kontext von Infrastrukturprojekten.
Der Fall betrifft eine Klage gegen den Bau einer Höchstspannungsfreileitung mit zugehöriger Umspannanlage. Die Kläger argumentierten, das Projekt beeinträchtige geschützte Biotope, das Kulturlandschaftsschutzgebiet und Denkmäler.
Zentraler Streitpunkt war die Frage, ob eine bestimmte Fläche, die nicht im amtlichen Verzeichnis der geschützten Biotope aufgeführt war, dennoch als geschütztes Biotop im Sinne des § 30 Abs. 1 und 2 Bundesnaturschutzgesetz (BNatSchG) einzustufen ist. Weiterhin waren die Auswirkungen des Projekts auf das Kulturlandschaftsbild und Denkmäler zu prüfen.
Das BVerwG gab der Klage teilweise statt. Es stellte fest, dass maßgeblich für den Schutz eines Biotops nach § 30 Abs. 1 und 2 BNatSchG sein tatsächliches Vorhandensein ist. Das Fehlen eines Eintrags im amtlichen Verzeichnis (§ 30 Abs. 7 BNatSchG) beweise nicht, dass die Fläche die Merkmale eines geschützten Biotops nicht erfülle. Im konkreten Fall sah das Gericht die Voraussetzungen für ein geschütztes Biotop als gegeben an. Bezüglich der Kulturlandschaft und der Denkmäler folgte das Gericht der Argumentation der Kläger ebenfalls teilweise.
Die Entscheidung des BVerwG stärkt den Schutz von Biotopen. Sie verdeutlicht, dass auch Flächen, die nicht im amtlichen Verzeichnis erfasst sind, unter Schutz stehen können, wenn sie die gesetzlichen Kriterien erfüllen. Dies erhöht die Anforderungen an die Planung und Genehmigung von Infrastrukturprojekten und unterstreicht die Bedeutung gründlicher Umweltverträglichkeitsprüfungen.
Das Urteil des BVerwG vom 20.06.2024 (Az. 11 A 3/23) ist ein wichtiger Beitrag zum Naturschutzrecht. Es präzisiert die Anforderungen an den Schutz von Biotopen und hat weitreichende Folgen für die Planung von Infrastrukturprojekten. Künftig wird die tatsächliche Beschaffenheit einer Fläche, und nicht allein ihre Eintragung im amtlichen Verzeichnis, für die Beurteilung ihres Schutzstatus entscheidend sein.
Quelle: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 20.06.2024, Az. 11 A 3/23 (ECLI:ECLI:DE:BVerwG:2024:200624U11A3.23.0)