Einführung
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat am 23. Oktober 2024 ein wichtiges Urteil zu tariflichen Nachtarbeitszuschlägen und dem Gleichheitssatz gefällt (10 AZR 6/24). Der Fall betrifft die Frage, ob unterschiedliche Zuschläge für regelmäßige Nachtschichtarbeit und unregelmäßige Nachtarbeit verfassungsgemäß sind.
Sachverhalt des Falles
Der Kläger, ein Arbeitnehmer in der Metall- und Elektroindustrie, leistete im Zeitraum von Juni bis August 2019 Spät- und Nachtschichtarbeit. Gemäß dem geltenden Manteltarifvertrag (MTV) erhielt er für Nachtschichtarbeit einen Zuschlag von 25% und für Spätschichtarbeit einen Zuschlag von 10%. Der Kläger argumentierte, dass ihm für die nach 20:00 Uhr geleisteten Arbeitsstunden sowohl in der Nacht- als auch in der Spätschicht ein höherer Zuschlag zustehe, analog dem Zuschlag für unregelmäßige Nachtarbeit (50%). Er begründete dies mit dem Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), da keine sachliche Rechtfertigung für die unterschiedliche Behandlung bestehe.
Rechtliche Probleme
Kern der rechtlichen Auseinandersetzung war die Frage, ob die unterschiedlichen Zuschlagsregelungen im MTV mit dem Gleichheitssatz vereinbar sind. Der Kläger sah die Vergleichbarkeit zwischen Arbeitnehmern in regelmäßiger Nachtschicht und solchen mit unregelmäßiger Nachtarbeit gegeben und argumentierte, dass die unterschiedliche Höhe der Zuschläge nicht sachlich gerechtfertigt sei. Die Beklagte hingegen argumentierte, dass die beiden Gruppen nicht vergleichbar seien und die unterschiedlichen Zuschläge durch die unterschiedlichen Belastungen, insbesondere hinsichtlich der Planbarkeit, gerechtfertigt seien.
Entscheidung und Begründung des Gerichts
Das BAG wies die Revision des Klägers zurück. Das Gericht bestätigte zwar die Vergleichbarkeit der beiden Arbeitnehmergruppen, sah aber die Ungleichbehandlung als sachlich gerechtfertigt an. Begründet wurde dies mit dem Zweck des höheren Zuschlags für unregelmäßige Nachtarbeit, der nicht nur den Gesundheitsschutz, sondern auch die erschwerte Planbarkeit kompensieren soll. Das Gericht legte den MTV so aus, dass die Tarifvertragsparteien mit dem höheren Zuschlag die schlechtere Planbarkeit der unregelmäßigen Nachtarbeit ausgleichen wollten. Dieses Argument wurde durch die im MTV enthaltenen Regelungen zur Ankündigungsfrist und Mindestdauer von Wechselschichten untermauert, die auf eine höhere Planbarkeit der regelmäßigen Nachtschichtarbeit hindeuten.
Auswirkungen des Urteils
Das Urteil des BAG stärkt die Tarifautonomie und bestätigt die Zulässigkeit unterschiedlicher Zuschläge für regelmäßige und unregelmäßige Nachtarbeit, sofern ein sachlicher Grund, wie die Planbarkeit, hierfür vorliegt. Es liefert wichtige Hinweise zur Auslegung von Tarifverträgen im Hinblick auf Nachtarbeitszuschläge und den Gleichheitssatz.
Schlussfolgerung
Das BAG-Urteil verdeutlicht die Komplexität der rechtlichen Beurteilung von Nachtarbeitszuschlägen. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung der Tarifautonomie und die Notwendigkeit einer sorgfältigen Abwägung der verschiedenen mit der Nachtarbeit verbundenen Belastungen. Zukünftige Tarifverhandlungen werden sich an dieser Rechtsprechung orientieren müssen.
Quellen: