Einführung: Das Bundessozialgericht (BSG) hat in einem kürzlich veröffentlichten Urteil (vom 28.08.2024, Az. B 1 KR 21/23 R) die Klage einer Versicherten auf Erstattung der Kosten für die Kryokonservierung ihrer Eizellen abgewiesen. Die Entscheidung klärt wichtige Fragen zum Anspruch auf Kryokonservierung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) und den dafür notwendigen Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA).
Die Klägerin, bei der ein Hodgkin-Lymphom diagnostiziert wurde, ließ sich vor Beginn einer Chemotherapie Eizellen entnehmen und kryokonservieren. Sie beantragte bei ihrer Krankenkasse die Übernahme der Kosten für die Kryokonservierung und die anschließende Lagerung. Die Krankenkasse lehnte die Kostenübernahme ab, da der GBA zum damaligen Zeitpunkt noch keine Richtlinien gemäß § 27a Abs. 5 SGB V erlassen hatte. Sozialgericht und Landessozialgericht bestätigten die Entscheidung der Krankenkasse.
Zentraler Streitpunkt war die Frage, ob ein Anspruch auf Kryokonservierung nach § 27a Abs. 4 SGB V bereits vor dem Inkrafttreten der GBA-Richtlinien besteht. Die Klägerin argumentierte, dass der Wortlaut des § 27a Abs. 4 SGB V einen Anspruch begründe, sobald die medizinischen Voraussetzungen erfüllt seien. Die Beklagte hingegen vertrat die Auffassung, dass die Richtlinien des GBA zwingende Voraussetzung für den Leistungsanspruch seien.
Das BSG wies die Revision der Klägerin zurück. Der Senat entschied, dass ein Anspruch auf Kryokonservierung nach § 27a Abs. 4 SGB V erst nach Inkrafttreten der GBA-Richtlinien besteht. Das Gericht begründete seine Entscheidung mit einer historischen, systematischen und teleologischen Auslegung des § 27a SGB V. Demnach sei die Intention des Gesetzgebers gewesen, den Anspruch auf Kryokonservierung an die bestehenden Regelungen zur künstlichen Befruchtung anzuknüpfen, für die der GBA bereits Richtlinien erlassen hatte. Die vom GBA erlassene Richtlinie trat erst nach der Behandlung der Klägerin in Kraft.
Das BSG schloss auch ein Systemversagen aus. Der GBA habe das Beratungsverfahren zeitnah eingeleitet und abgeschlossen. Eine rückwirkende In-Kraft-Setzung der Richtlinien sei nicht erforderlich gewesen.
Die Entscheidung des BSG bestätigt die bisherige Rechtsprechung und schafft Klarheit über den Anspruch auf Kryokonservierung. Sie unterstreicht die Bedeutung der GBA-Richtlinien für die Konkretisierung von Leistungsansprüchen in der GKV. Die Entscheidung dürfte auch Auswirkungen auf zukünftige Fälle haben, in denen Leistungen vor dem Inkrafttreten von GBA-Richtlinien in Anspruch genommen wurden.
Das Urteil des BSG verdeutlicht das komplexe Zusammenspiel von gesetzlichen Regelungen und untergesetzlichen Richtlinien im Bereich der GKV. Es zeigt auch die Bedeutung des GBA für die Sicherstellung von Qualität und Wirtschaftlichkeit in der Gesundheitsversorgung.
Quelle: Urteil des Bundessozialgerichts vom 28.08.2024, Az. B 1 KR 21/23 R (abgerufen vom deutschen Rechtsprechungsportal).