Ein kürzlich vom Bundesfinanzhof (BFH) gefälltes Urteil vom 04.09.2024 (Az. I R 12/22) klärt die Anwendung des § 8b Abs. 6 Satz 2 Körperschaftsteuergesetz (KStG) auf Sparkassen in der Rechtsform einer Aktiengesellschaft (AG). Das Urteil hat bedeutende Auswirkungen auf die Besteuerung von Sparkassen und verdeutlicht die Grenzen der analogen Anwendung von Steuergesetzen.
Im vorliegenden Fall stritt eine Sparkasse in der Rechtsform einer AG mit der Finanzverwaltung über die Anwendung des § 8b Abs. 6 Satz 2 KStG. Die Sparkasse argumentierte, dass die Vorschrift, die den persönlichen Geltungsbereich von § 8b Abs. 1 bis 5 KStG erweitert, auch auf sie anzuwenden sei. Dies hätte Auswirkungen auf die Berechnung der Körperschaftsteuer, insbesondere im Zusammenhang mit Teilwertabschreibungen nach § 8b Abs. 3 Satz 3 KStG.
Die zentrale Rechtsfrage war, ob § 8b Abs. 6 Satz 2 KStG, der explizit für Betriebe gewerblicher Art von Körperschaften des öffentlichen Rechts formuliert ist, auch auf eine Sparkasse in der Rechtsform einer juristischen Person des privaten Rechts (AG) angewendet werden kann. Es stellte sich die Frage, ob eine Auslegung der Norm oder eine analoge Anwendung in Betracht kommt.
Der BFH entschied, dass § 8b Abs. 6 Satz 2 KStG nicht auf die Sparkasse in der Rechtsform einer AG anwendbar ist. Weder eine Auslegung noch eine Analogie rechtfertigten eine Erweiterung des Anwendungsbereichs der Norm. Der BFH begründete seine Entscheidung damit, dass der Gesetzgeber den Anwendungsbereich der Norm bewusst auf Körperschaften des öffentlichen Rechts beschränkt hat. Eine Ausdehnung auf juristische Personen des privaten Rechts, wie die klagende Sparkasse, wäre eine unzulässige Gesetzeserweiterung durch die Rechtsprechung.
Das Urteil hat erhebliche Auswirkungen auf die Besteuerung von Sparkassen in der Rechtsform einer AG. Sie können sich nicht auf die Vergünstigungen des § 8b Abs. 6 Satz 2 KStG berufen und müssen die Körperschaftsteuer entsprechend den allgemeinen Regelungen berechnen. Das Urteil stärkt das Prinzip der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung und verdeutlicht die Grenzen der richterlichen Rechtsfortbildung.
Das BFH-Urteil vom 04.09.2024 liefert eine wichtige Klarstellung zur Anwendung des § 8b Abs. 6 Satz 2 KStG. Es bleibt abzuwarten, ob der Gesetzgeber auf diese Entscheidung reagiert und den Anwendungsbereich der Norm gegebenenfalls erweitert. Bis dahin gilt die vom BFH festgestellte Rechtslage.
Quelle: Bundesfinanzhof, Urteil vom 04.09.2024, Az. I R 12/22