Einleitung: Ein kürzlich vom Bundesarbeitsgericht (BAG) gefälltes Urteil hat weitreichende Auswirkungen auf die Berechnung von Nachtarbeitszuschlägen für Arbeitnehmer in Wechselschicht. Das Urteil vom 4. Dezember 2024 (Aktenzeichen: 10 AZR 93/24) stärkt die Rechte von Wechselschichtarbeitern und könnte zu einer Anpassung der tarifvertraglichen Regelungen in der Ernährungsindustrie führen.
Der Kläger, ein Mitglied der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG), arbeitete in Wechselschicht bei einem Unternehmen der Ernährungsindustrie. Für sein Arbeitsverhältnis galt der Manteltarifvertrag (MTV) vom 16. November 2017. Dieser sah unterschiedliche Zuschläge für Nachtarbeit (50%) und Nachtschichtarbeit (20% bzw. 40% je nach Zeitfenster) vor. Der Kläger argumentierte, dass diese Unterscheidung gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) verstoße und forderte die Differenz zu den 50% Nachtarbeitszuschlag auch für seine Nachtschichtarbeit.
Kern der rechtlichen Auseinandersetzung war die Frage, ob die unterschiedlichen Zuschläge für Nachtarbeit und Nachtschichtarbeit verfassungsgemäß sind. Das Landesarbeitsgericht hatte die Berufung des Klägers zunächst zurückgewiesen. Das BAG musste klären, ob ein sachlicher Grund für die Ungleichbehandlung vorliegt und ob eine etwaige Ungleichbehandlung durch andere tarifvertragliche Regelungen, wie z.B. Schichtfreizeiten, kompensiert wird.
Das BAG hob das Urteil des Landesarbeitsgerichts teilweise auf und gab der Klage des Klägers statt. Die Richter stellten fest, dass die tarifvertragliche Unterscheidung zwischen Nachtarbeit und Nachtschichtarbeit gegen den Gleichheitssatz verstößt. Es wurde argumentiert, dass die Belastungen der Nachtarbeit unabhängig von der Schichtarbeit bestehen und daher kein sachlicher Grund für die unterschiedlichen Zuschläge vorliegt. Insbesondere wurde die Argumentation der Beklagten zurückgewiesen, dass der 50%-ige Zuschlag für Nachtarbeit auch einen Mehrarbeitszuschlag enthalte und dass die Schichtfreizeiten die geringeren Zuschläge kompensierten. Das BAG entschied, dass der Kläger Anspruch auf den höheren Nachtarbeitszuschlag von 50% hat, auch für die im Rahmen der Nachtschicht geleisteten Stunden.
Das Urteil des BAG hat erhebliche Auswirkungen auf die Praxis der Nachtarbeitszuschläge. Es stärkt die Position von Arbeitnehmern in Wechselschicht und könnte zu einer Anpassung der Tarifverträge in der Ernährungsindustrie führen. Arbeitgeber müssen nun prüfen, ob ihre tarifvertraglichen Regelungen mit dem Urteil konform sind und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen.
Das BAG-Urteil vom 4. Dezember 2024 stellt einen wichtigen Schritt zur Gleichbehandlung von Arbeitnehmern in der Nacht dar. Es unterstreicht die Bedeutung des Gleichheitssatzes und setzt ein klares Signal für faire Arbeitsbedingungen. Es bleibt abzuwarten, wie die Tarifpartner auf diese Entscheidung reagieren und ob weitere Klagen folgen werden.
Quelle: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 04.12.2024, Aktenzeichen: 10 AZR 93/24