BAG-Urteil: Entgeltfortzahlung bei Krankheit nach Kündigung

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach Kündigung: BAG-Urteil zur Beweislast

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach Kündigung: BAG-Urteil zur Beweislast

Einleitung: Ein kürzlich ergangenes Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 18. September 2024 (Aktenzeichen: 5 AZR 29/24) befasst sich mit der Frage der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nach Ausspruch einer Eigenkündigung. Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung der Beweislastverteilung und die Anforderungen an den Beweiswert ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen in solchen Fällen.

Sachverhalt:

Der Kläger war als Dozent bei der Beklagten beschäftigt. Nach Ausspruch seiner Eigenkündigung zum 31. Mai 2022 legte er ab dem 2. Mai 2022 eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor, die bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses verlängert wurde. Unmittelbar im Anschluss nahm er eine Tätigkeit bei einem Konkurrenzunternehmen auf. Die Beklagte verweigerte die Entgeltfortzahlung, da sie den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen anzweifelte. Sie argumentierte, der Kläger habe während der Krankschreibung versucht, Kunden abzuwerben.

Rechtliche Würdigung:

Das BAG hob das Urteil des Landesarbeitsgerichts (LAG) Mecklenburg-Vorpommern auf und verwies die Sache zurück. Das LAG habe nicht ausreichend berücksichtigt, dass die Beklagte den Beweiswert der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erschüttert habe. Folgende Punkte waren für das BAG entscheidend:

  • Zeitliche Koinzidenz: Die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen deckten exakt die Zeit der Kündigungsfrist ab. Dieser enge zeitliche Zusammenhang zwischen Kündigung und Arbeitsunfähigkeit begründe Zweifel am tatsächlichen Vorliegen der Arbeitsunfähigkeit.
  • Abweichung von der Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie: Die zweite Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ging über die in der damaligen Richtlinie vorgesehene maximale Dauer von 14 Tagen hinaus.
  • Beginn der neuen Tätigkeit: Der unmittelbare Beginn einer neuen Beschäftigung nach Ende der Kündigungsfrist verstärke die Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit.
  • Mögliche Konkurrenztätigkeit: Der Vortrag der Beklagten, der Kläger habe während der Krankschreibung Kunden abzuwerben versucht, sei vom LAG nicht ausreichend gewürdigt worden.

Das BAG betonte, dass der Arbeitgeber bei der Erschütterung des Beweiswerts der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung keine Tatsachen darlegen müsse, die den Beweis des Gegenteils ermöglichen. Es reiche aus, wenn der Arbeitgeber Indizien vorträgt, die ernsthafte Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit begründen.

Auswirkungen:

Das Urteil verdeutlicht die Anforderungen an den Beweiswert ärztlicher Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen im Zusammenhang mit Kündigungen. Arbeitnehmer müssen im Falle einer Erkrankung während der Kündigungsfrist mit einer genaueren Prüfung durch den Arbeitgeber und gegebenenfalls mit einer Beweislastumkehr rechnen. Eine lückenlose Dokumentation der Erkrankung und ihrer Auswirkungen auf die Arbeitsfähigkeit ist daher ratsam.

Schlussfolgerung:

Das BAG-Urteil stärkt die Position der Arbeitgeber bei der Überprüfung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nach einer Kündigung. Es bleibt abzuwarten, wie die Rechtsprechung in Zukunft mit ähnlichen Fällen umgehen wird und welche Auswirkungen das Urteil auf die Praxis haben wird.

Quellen:

  • Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 18. September 2024, Aktenzeichen: 5 AZR 29/24 (Quelle: Deutsches Bundesministerium für Arbeit und Soziales - invalid URL removed for privacy)

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