Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus Nicht-EU-Land: BAG-Urteil zu Beweiswert

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus Nicht-EU-Land

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall bei Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung aus Nicht-EU-Land

Einleitung

Ein kürzlich vom Bundesarbeitsgericht (BAG) entschiedener Fall (Urteil vom 15. Januar 2025, Az. 5 AZR 284/24) befasst sich mit der Frage des Beweiswerts einer im Nicht-EU-Ausland ausgestellten ärztlichen Bescheinigung im Zusammenhang mit einem Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Die Entscheidung verdeutlicht die Anforderungen an die Darlegungs- und Beweislast des Arbeitnehmers in solchen Fällen und die Grenzen der Anerkennung ausländischer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen.

Sachverhalt

Der Kläger, ein langjähriger Lagermitarbeiter, reichte nach einem Urlaub in Tunesien eine dort ausgestellte ärztliche Bescheinigung ein, die ihn bis zum 30. September 2022 für arbeitsunfähig erklärte. Die Beklagte bezweifelte die Arbeitsunfähigkeit, insbesondere da der Kläger bereits einen Tag nach Ausstellung der Bescheinigung eine Rückreise nach Deutschland buchte und antrat, obwohl die Bescheinigung strenge häusliche Ruhe und ein Reiseverbot vorsah. Zudem hatte der Kläger in der Vergangenheit wiederholt im Anschluss an Urlaubszeiten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt.

Rechtliche Probleme

Zentraler Streitpunkt war der Beweiswert der tunesischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung. Während der Kläger argumentierte, die Bescheinigung sei ausreichend, um seinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung zu begründen, sah die Beklagte den Beweiswert aufgrund der dargestellten Umstände als erschüttert an. Das BAG hatte zu klären, ob die Beklagten die Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit ausreichend substantiiert dargelegt hatte und ob der Kläger seiner Darlegungs- und Beweislast für die Arbeitsunfähigkeit nachgekommen war.

Entscheidung und Begründung des BAG

Das BAG gab der Revision der Beklagten statt und hob das Urteil des Landesarbeitsgerichts auf. Das BAG stellte fest, dass die Beklagte den Beweiswert der tunesischen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert hatte. Die Gesamtwürdigung der Umstände – die lange Dauer der attestierten Arbeitsunfähigkeit ohne ausreichende Begründung, die Buchung und Durchführung der Rückreise trotz Reiseverbot, die wiederholte Arbeitsunfähigkeit im Anschluss an Urlaubszeiten in der Vergangenheit – rechtfertigten die Zweifel der Beklagten. Das BAG betonte, dass der Arbeitgeber bei der Erschütterung des Beweiswerts keiner hohen Hürde unterliegt, da er nur eingeschränkte Erkenntnismöglichkeiten hat.

Auswirkungen

Die Entscheidung des BAG verdeutlicht, dass ausländische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zwar grundsätzlich anerkannt werden, ihr Beweiswert aber durch substantiierte Zweifel des Arbeitgebers erschüttert werden kann. Arbeitnehmer müssen in solchen Fällen ihrer Darlegungs- und Beweislast für die Arbeitsunfähigkeit umfassend nachkommen. Die Entscheidung stärkt die Position der Arbeitgeber bei der Überprüfung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen aus Nicht-EU-Ländern.

Schlussfolgerung

Der Fall unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, insbesondere wenn sie aus dem Nicht-EU-Ausland stammen. Das Urteil dürfte in der Praxis zu einer verstärkten Auseinandersetzung mit den konkreten Umständen des Einzelfalls führen und die Anforderungen an die Darlegung der Arbeitsunfähigkeit durch den Arbeitnehmer erhöhen.

Quellen

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15. Januar 2025, Az. 5 AZR 284/24 (Quelle: www.bundesarbeitsgericht.de)

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