Das Bundesverwaltungsgericht hat am 11.09.2024 (Az. 11 A 22/23) die Klage einer Anwohnerin gegen die Planfeststellung einer Höchstspannungsleitung abgewiesen. Der Fall beleuchtet die rechtlichen Anforderungen an die Planung von Infrastrukturprojekten und die Abwägung zwischen öffentlichen Interessen und privaten Belangen.
Die Klägerin bewohnt mit ihrer Familie ein Einfamilienhaus im Außenbereich der Stadt W. In der Nähe ihres Hauses verläuft ein bestehendes Trassenband mit mehreren Stromleitungen. Die geplante neue 380-kV-Höchstspannungsleitung soll teilweise von der bestehenden Trasse abweichen und in einem Abstand von ca. 55 m am Wohnhaus der Klägerin vorbeiführen. Ein Mast der neuen Leitung soll in ca. 90 m Entfernung errichtet werden. Die Klägerin befürchtete gesundheitliche Beeinträchtigungen durch elektromagnetische Felder und Lärm sowie eine erdrückende Wirkung des Mastes. Sie machte formelle und materielle Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses geltend und argumentierte, dass alternative Trassenführungen nicht ausreichend geprüft worden seien.
Der Fall wirft mehrere Rechtsfragen auf:
Das Bundesverwaltungsgericht wies die Klage ab. Es stellte fest, dass keine Verfahrensfehler vorliegen. Die vorgelegten Pläne für eine landwirtschaftliche Betriebserweiterung mussten nicht öffentlich ausgelegt werden, da sie nicht zu den vom Vorhabenträger eingereichten Unterlagen gehörten. Die Grenzwerte für elektromagnetische Felder und Lärm werden eingehalten. Es liegt kein Verstoß gegen das Gleichbehandlungsgebot vor, da die Landesgesetzgebung Baden-Württembergs keine Mindestabstände zu Wohngebäuden vorschreibt. Das Gericht bestätigte, dass die Planfeststellungsbehörde die Belange der Klägerin ausreichend abgewogen hat. Die erdrückende Wirkung des Mastes wurde verneint. Die Prüfung der Alternativen, einschließlich der von der Klägerin vorgeschlagenen Varianten, erfolgte ordnungsgemäß. Die gewählte Trassenführung stellt keine eindeutig schlechtere Lösung dar. Insbesondere die Führung der Leitung in der Bestandstrasse wurde aufgrund der bestehenden Hofüberspannungen und der Möglichkeit einer zukünftigen Entlastung der Siedlung verworfen. Die Erdverkabelung war im vorliegenden Fall nicht zwingend zu prüfen.
Das Urteil bestätigt die bestehende Rechtsprechung zu den Anforderungen an die Planfeststellung von Infrastrukturprojekten. Es unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Abwägung zwischen öffentlichen Interessen und privaten Belangen. Die Entscheidung verdeutlicht auch die Grenzen der gerichtlichen Überprüfung von fachplanerischen Entscheidungen.
Das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts liefert wichtige Hinweise für zukünftige Planfeststellungsverfahren. Es zeigt, dass die Gerichte die Planungsentscheidungen der Behörden nur in engen Grenzen überprüfen. Die sorgfältige Prüfung von Alternativen und die umfassende Dokumentation der Abwägung sind entscheidend für die Rechtmäßigkeit von Infrastrukturprojekten.
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 11.09.2024 - 11 A 22/23