BVerwG Urteil zur Höchstspannungsfreileitung: Klage einer nordrhein-westfälischen Stadt abgewiesen
BVerwG Urteil zur Höchstspannungsfreileitung: Klage einer nordrhein-westfälischen Stadt abgewiesen
Einleitung
Das Bundesverwaltungsgericht hat am 20.06.2024 die Klage einer nordrhein-westfälischen Stadt gegen die Planfeststellung einer Höchstspannungsfreileitung und einer Umspannanlage abgewiesen (Az. 11 A 1/23). Der Fall beleuchtet die rechtlichen Grenzen der Klagebefugnis von Gemeinden bei Fachplanungen und die Abwägung zwischen kommunalen Belangen und überregionalen Infrastrukturprojekten.
Hintergrund des Falls
Die Klägerin, eine Stadt in Nordrhein-Westfalen, klagte gegen den Planfeststellungsbeschluss für den Abschnitt C des EnLAG-Vorhabens Nr. 19 "Neubau Höchstspannungsleitung Kruckel - Dauersberg". Streitpunkt war die geplante Trassenführung durch das Heestal auf dem Stadtgebiet sowie der Standort der Umspannanlage Junkernhees. Die Stadt favorisierte eine alternative Trassenführung (Meiswinkel-Variante) und einen anderen Standort für die Umspannanlage (Erweiterung der bestehenden Anlage Altenkleusheim). Die Klägerin machte biotop- und artenschutzrechtliche Fehler geltend und rügte die Variantenabwägung in Bezug auf Denkmalschutz und die Lage des Heestals in einem Kulturlandschaftsbereich. Das Vorhaben beansprucht städtische Grundstücke für Maststandorte, Arbeitsflächen und Zuwegungen.
Rechtliche Fragestellungen
Zentrale rechtliche Fragen des Falls waren:
- Liegen Verfahrensfehler im Planfeststellungsverfahren vor (Öffentlichkeitsbeteiligung, Berücksichtigung der Wasserrahmenrichtlinie)?
- Verletzt der Planfeststellungsbeschluss materielle Rechte der Klägerin (Artenschutz, Biotopschutz, Wasserrecht, Eigentumsrecht, kommunale Selbstverwaltungsgarantie)?
- Wurde die Abwägung der verschiedenen Belange, insbesondere der Belange der Klägerin, ordnungsgemäß durchgeführt?
Entscheidung und Begründung des Gerichts
Das BVerwG wies die Klage ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf eine umfassende Überprüfung der Planfeststellung. Als betroffene Gemeinde könne sie nur die Verletzung eigener Rechte rügen, nicht jedoch die objektive Rechtmäßigkeit der Planung. Das Gericht sah weder Verfahrensfehler noch eine Verletzung materieller Rechte der Klägerin. Die Abwägung der verschiedenen Belange sei ordnungsgemäß erfolgt. Die Inanspruchnahme städtischer Grundstücke sei durch übergeordnete Belange gerechtfertigt. Die Beeinträchtigung der Erholungsfunktion des Heestals stelle keine Verletzung der Planungshoheit dar, da diese keiner planerischen Entscheidung der Stadt zuzuschreiben sei. Die Erschließung der Umspannanlage sei ausreichend gesichert. Das Ortsbild werde durch das Vorhaben nicht beeinträchtigt. Die Funktionsfähigkeit kommunaler Einrichtungen, insbesondere des städtischen Weges und der darunter verlaufenden Leitungen, sei durch die im Planfeststellungsbeschluss vorgesehenen Maßnahmen ausreichend geschützt. Die Vorteile des planfestgestellten Trassenverlaufs und des Standorts der Umspannanlage seien zutreffend ermittelt und abgewogen worden.
Implikationen
Das Urteil bestätigt die Rechtsprechung des BVerwG zur Klagebefugnis von Gemeinden bei Fachplanungen. Es verdeutlicht den Vorrang überregionaler Infrastrukturprojekte vor lokalen Interessen, sofern die kommunalen Belange ordnungsgemäß abgewogen wurden.
Schlussfolgerung
Die Entscheidung des BVerwG unterstreicht die hohen Hürden für Klagen von Gemeinden gegen Fachplanungen. Die Klägerin konnte die Beeinträchtigungen durch das Vorhaben nicht als Verletzung eigener Rechte darstellen. Die Abwägung der verschiedenen Belange, einschließlich der kommunalen Belange, erfolgte nach Auffassung des Gerichts fehlerfrei. Das Urteil dürfte wegweisend für ähnliche Fälle sein.
Quellen
Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 20.06.2024 - 11 A 1/23