Einführung: Ein kürzlich ergangenes Urteil des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 12. September 2024 (Az.: 7 C 4/23) hat weitreichende Bedeutung für die Kompensation von Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes durch Windenergieanlagen. Das Gericht hob ein Urteil des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg auf und stellte klar, dass die Möglichkeiten der Realkompensation über den Rückbau vertikaler Strukturen hinausgehen.
Die Klägerin, eine Betreiberin von Windenergieanlagen, wehrte sich gegen die vom Beklagten festgesetzte Ersatzzahlung für die Beeinträchtigung des Landschaftsbildes durch vier Windenergieanlagen. Der Beklagte hatte die vom Antragsteller vorgeschlagenen Heckenpflanzungen als Kompensationsmaßnahmen abgelehnt und stattdessen eine Ersatzzahlung gefordert. Das Oberverwaltungsgericht hatte die Klage abgewiesen und argumentiert, dass nur der Rückbau von Bauwerken mit ähnlicher Raumwirkung wie Windenergieanlagen eine ausreichende Kompensation darstelle.
Kernfrage des Verfahrens war die Auslegung des § 15 Abs. 2 Satz 3 BNatSchG, der die Möglichkeit der Ersatzkompensation von Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft regelt. Das Oberverwaltungsgericht hatte die Anforderungen an die Ersatzmaßnahmen für das Landschaftsbild zu eng ausgelegt und auf Maßnahmen mit "spiegelbildlicher" Wirkung zum Eingriff beschränkt.
Das BVerwG hob das Urteil des Oberverwaltungsgerichts auf und stellte klar, dass der Ersatz von Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes nicht auf den Rückbau vertikaler Strukturen beschränkt ist. Auch andere Maßnahmen, die sich positiv auf Vielfalt, Eigenart, Schönheit und Erholungswert der Landschaft auswirken, können als Ersatzmaßnahmen anerkannt werden. Das Gericht betonte, dass der Maßstab für die Beurteilung der Wirkung der Maßnahmen die optische Wahrnehmung eines aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters ist. Die Quantifizierung der Wirkung der Ersatzmaßnahmen muss im betroffenen Naturraum erfolgen und die dortigen anthropogenen Vorprägungen berücksichtigen.
Das Urteil des BVerwG erweitert die Möglichkeiten der Realkompensation von Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes durch Windenergieanlagen erheblich. Es eröffnet neue Wege für die Genehmigung von Windenergieprojekten und stärkt die Rolle der Naturschutzbehörden bei der Auswahl geeigneter Kompensationsmaßnahmen. Die Entscheidung dürfte zu einer verstärkten Diskussion über die Bewertung von Landschaftsbeeinträchtigungen und die Entwicklung innovativer Kompensationsansätze führen.
Das BVerwG hat mit seinem Urteil die Anforderungen an die Kompensation von Landschaftsbildbeeinträchtigungen durch Windenergieanlagen präzisiert und die Möglichkeiten der Realkompensation erweitert. Es bleibt abzuwarten, wie die Naturschutzbehörden und die Gerichte diese Entscheidung in der Praxis umsetzen werden. Die Entwicklung von praxisgerechten Bewertungsmethoden für Landschaftsbeeinträchtigungen und Kompensationsmaßnahmen wird eine wichtige Aufgabe für die Zukunft sein.
Quelle: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 12. September 2024, Az.: 7 C 4/23 (Pressemitteilung des BVerwG)