Einleitung: Der folgende Beitrag befasst sich mit einem aktuellen Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 28.11.2024 (Az. 11 VR 8/24), der die Duldungspflicht einer Grundstückseigentümerin im Zusammenhang mit Vorarbeiten zur Planung einer Höchstspannungsleitung betrifft. Der Beschluss verdeutlicht die Reichweite des § 44 EnWG und die Abwägung zwischen öffentlichen Interessen und den Rechten von Grundstückseigentümern.
Die Antragstellerin ist Eigentümerin von Grundstücken, die im Trassenkorridor für eine geplante Höchstspannungsleitung liegen. Die Beigeladene, der Vorhabenträger, beabsichtigt auf diesen Grundstücken Vorarbeiten wie Kartierungs-, Vermessungs- und Baugrunduntersuchungen durchzuführen. Die Antragstellerin hatte ein Betretungsverbot ausgesprochen, woraufhin die Beigeladene eine Duldungsanordnung beantragte und erhielt. Gegen diese Anordnung richtete sich der Widerspruch der Antragstellerin, deren aufschiebende Wirkung sie im Eilverfahren beantragte.
Zentrale Rechtsfragen des Verfahrens waren die Zulässigkeit und Begründetheit des Antrags auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung. Im Fokus standen dabei die Auslegung des § 44 EnWG hinsichtlich der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der angeordneten Maßnahmen, die Bestimmtheit der Duldungsanordnung sowie die Abwägung der beteiligten Interessen.
Das BVerwG hat die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragstellerin teilweise angeordnet. Die Richter stellten fest, dass die Duldungsanordnung im Wesentlichen rechtmäßig ist. Die angeordneten Maßnahmen seien als notwendige Vorarbeiten im Sinne des § 44 EnWG zu qualifizieren. Die Antragstellerin sei ordnungsgemäß angehört worden, und die Duldungsanordnung sei hinreichend bestimmt. Das Gericht betonte das öffentliche Interesse am Netzausbau und die Notwendigkeit der Vorarbeiten zur Trassenprüfung. Die Einwände der Antragstellerin, die Untersuchungen seien unverhältnismäßig oder könnten weniger invasiv durchgeführt werden, wurden zurückgewiesen. Lediglich hinsichtlich einer Zuwegung auf einem bestimmten Flurstück sah das Gericht die Notwendigkeit nicht als gegeben an und ordnete insoweit die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs an.
Der Beschluss bestätigt die weitreichenden Befugnisse von Vorhabenträgern nach § 44 EnWG, Grundstücke für Vorarbeiten im Zusammenhang mit Energieinfrastrukturprojekten zu betreten und Untersuchungen durchzuführen. Er verdeutlicht die Bedeutung des öffentlichen Interesses am Netzausbau, das im Regelfall die Interessen der Grundstückseigentümer überwiegt. Gleichzeitig unterstreicht die Entscheidung die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall.
Der Beschluss des BVerwG liefert wichtige Hinweise zur Auslegung des § 44 EnWG und zur Abwägung der betroffenen Interessen. Er dürfte für zukünftige Verfahren im Zusammenhang mit der Planung von Energieinfrastrukturprojekten von Bedeutung sein. Grundstückseigentümer müssen sich darauf einstellen, dass sie Vorarbeiten in der Regel dulden müssen, sofern diese notwendig und verhältnismäßig sind. Die Möglichkeit, Entschädigung für etwaige Schäden zu erhalten, bleibt hiervon unberührt.
Quelle: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 28.11.2024 - 11 VR 8/24 (abgerufen vom dejure.org)