Einführung: Das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) hat am 10. Februar 2025 in einem Beschluss (Az. 2 WDB 4/24) über die Beschwerde eines Soldaten gegen die vorläufige Dienstenthebung und die Einbehaltung seiner Dienstbezüge entschieden. Der Fall wirft wichtige Fragen zur Verhältnismäßigkeit von Nebenentscheidungen im Disziplinarverfahren auf, insbesondere bei längerer Verfahrensdauer.
Gegen den Soldaten, einen Leutnant, wurde im Januar 2020 ein gerichtliches Disziplinarverfahren wegen des Vorwurfs des Trennungsgeldbetrugs eingeleitet. Gleichzeitig wurde er vorläufig des Dienstes enthoben, mit einem Uniformtrageverbot belegt und die Hälfte seiner Dienstbezüge einbehalten. Der Soldat beantragte mehrfach die Aufhebung dieser Maßnahmen, jedoch ohne Erfolg. Das Truppendienstgericht Nord wies seinen Antrag im Januar 2024 zurück. Dagegen legte der Soldat Beschwerde beim BVerwG ein.
Das BVerwG hatte zu prüfen, ob die vorläufige Dienstenthebung, das Uniformtrageverbot und die Einbehaltung der Dienstbezüge rechtmäßig waren. Im Fokus stand dabei die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen, insbesondere angesichts der langen Verfahrensdauer von über vier Jahren. Es stellte sich die Frage, ob die Belastung des Soldaten durch die Einbehaltung der Dienstbezüge über diesen Zeitraum noch verhältnismäßig war.
Das BVerwG bestätigte die vorläufige Dienstenthebung und das Uniformtrageverbot. Die Verhängung der disziplinarrechtlichen Höchstmaßnahme – die Entfernung aus dem Dienstverhältnis – sei zu erwarten. Der Soldat habe durch den mutmaßlichen Trennungsgeldbetrug und die Vorlage gefälschter Urkunden das Vertrauen des Dienstherrn schwerwiegend erschüttert. Die lange Dauer der Suspendierung sei angesichts der Schwere der Vorwürfe und der absehbaren Beendigung des Verfahrens verhältnismäßig.
Hinsichtlich der Einbehaltung der Dienstbezüge entschied das BVerwG jedoch zugunsten des Soldaten. Die Maßnahme sei ab dem Zeitpunkt der Entscheidung des Truppendienstgerichts (Januar 2024) unverhältnismäßig geworden. Zwar sei das Disziplinarverfahren selbst nicht übermäßig lange geführt worden, jedoch habe das parallel laufende Strafverfahren eine unverhältnismäßige Dauer gehabt. Die damit verbundene finanzielle Belastung des Soldaten durch die Einbehaltung der Dienstbezüge sei über diesen Zeitraum nicht mehr gerechtfertigt.
Die Entscheidung des BVerwG unterstreicht die Bedeutung des Verhältnismäßigkeitsprinzips bei Nebenentscheidungen im Disziplinarverfahren. Sie verdeutlicht, dass auch bei schwerwiegenden Vorwürfen die Dauer der mit einer Einbehaltung von Dienstbezügen verbundenen finanziellen Belastung in einem angemessenen Verhältnis zum Verfahrensverlauf stehen muss. Die Entscheidung kann dazu beitragen, dass die Verfahrensdauer in Disziplinar- und Strafverfahren stärker berücksichtigt wird.
Das BVerwG hat im vorliegenden Fall die Balance zwischen den Interessen des Dienstherrn und den Rechten des beschuldigten Soldaten gewahrt. Die Entscheidung verdeutlicht, dass auch bei schwerwiegenden Vorwürfen die Verhältnismäßigkeit von Nebenentscheidungen im Disziplinarverfahren stets im Blick behalten werden muss, insbesondere bei einer längeren Verfahrensdauer.
Quelle: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 10. Februar 2025 - 2 WDB 4/24