Einleitung: Ein kürzlich ergangenes Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 28. August 2024 (Aktenzeichen: B 1 KR 23/23 R) klärt wichtige Fragen zur Verjährung von Ansprüchen auf Aufwandspauschalen nach § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V. Die Entscheidung stärkt die Position der Krankenhäuser und dürfte erhebliche Auswirkungen auf die Abrechnungspraxis haben.
Sachverhalt: Ein Krankenhaus behandelte im Jahr 2016 eine Versicherte einer Krankenkasse (KK) stationär. Nach Prüfung der Abrechnung durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) rechnete die KK einen Teilbetrag mit einer anderen Forderung des Krankenhauses auf. Im Jahr 2020 erkannte die KK die Forderung des Krankenhauses im Rahmen eines Klageverfahrens an. Das Krankenhaus forderte daraufhin die Aufwandspauschale nach § 275 Abs. 1c Satz 3 SGB V. Die KK verweigerte die Zahlung und berief sich auf Verjährung.
Rechtsfragen: Das BSG hatte zu entscheiden, wann der Anspruch auf die Aufwandspauschale entsteht und welche Verjährungsfrist Anwendung findet. Die KK argumentierte, der Anspruch sei bereits im Jahr 2016 mit der Einleitung der Prüfung entstanden und somit verjährt. Das Krankenhaus hingegen vertrat die Auffassung, der Anspruch sei erst mit dem Anerkenntnis der KK im Jahr 2020 entstanden.
Entscheidung und Begründung: Das BSG gab dem Krankenhaus Recht. Der Anspruch auf die Aufwandspauschale entsteht erst dann, wenn feststeht, dass die Prüfung nicht zu einer Minderung des Abrechnungsbetrages führt. Dies ist nach der wirtschaftlichen Betrachtungsweise des BSG erst der Fall, wenn das Krankenhaus den abgerechneten Betrag tatsächlich erhält bzw. behält und eine Minderung gegen seinen Willen ausgeschlossen ist. Im vorliegenden Fall war dies erst mit dem Anerkenntnis der KK im Jahr 2020 der Fall. Das Gericht stellte klar, dass der Nichteintritt der Abrechnungsminderung kein auflösendes Tatbestandsmerkmal, sondern eine negative Anspruchsvoraussetzung ist. Für die Entstehung des Anspruchs ist nicht die rechtliche Bewertung der Abrechnung, sondern das tatsächliche wirtschaftliche Ergebnis maßgeblich. Das BSG wandte die zweijährige Verjährungsfrist des § 109 Abs. 5 Satz 1 SGB V analog an, sodass der Anspruch bei Klageerhebung im Jahr 2021 noch nicht verjährt war.
Auswirkungen: Das Urteil des BSG hat weitreichende Bedeutung für die Praxis. Es stärkt die Position der Krankenhäuser im Streit um Aufwandspauschalen und dürfte zu einer höheren Rechtssicherheit beitragen. Krankenkassen werden künftig sorgfältiger prüfen müssen, ob eine Abrechnungsprüfung tatsächlich erfolgversprechend ist, um das Risiko der Aufwandspauschale zu vermeiden.
Schlussfolgerung: Das BSG hat mit seiner Entscheidung die Voraussetzungen für die Entstehung und Verjährung von Ansprüchen auf Aufwandspauschalen präzisiert. Die wirtschaftliche Betrachtungsweise des Gerichts stellt sicher, dass Krankenhäuser für den Aufwand einer erfolglosen Prüfung angemessen entschädigt werden. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in diesem Bereich weiterentwickelt.
Quelle: Urteil des Bundessozialgerichts vom 28. August 2024 (Aktenzeichen: B 1 KR 23/23 R)