Einleitung: Das Bundessozialgericht (BSG) hat mit Urteil vom 28.08.2024 (Az.: B 6 KA 1/23 R) entschieden, dass eine Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) keinen Anspruch auf Vergütung von Leistungen hat, die von an der hausarztzentrierten Versorgung (HzV) teilnehmenden Hausärzten abweichend von den HzV-Vertragsvorgaben abgerechnet wurden. Das Urteil klärt wichtige Fragen zur Abrechnung von Hausarzt-Leistungen an der Schnittstelle zwischen Kollektiv- und Selektivverträgen.
Hintergrund des Falls: Die Klägerin, eine KÄV, forderte von der beklagten Krankenkasse die Zahlung von 4195,75 Euro für die Vergütung von Hausärzten im Quartal 3/2018. Diese Hausärzte hatten Leistungen erbracht, die zwar im Rahmen der HzV erfolgten, aber abweichend von den Vorgaben des HzV-Vertrags gegenüber der KÄV abgerechnet wurden. Die Krankenkasse lehnte die Zahlung ab, da die Abrechnung der Leistungen über den Hausärzteverband und die HÄVG AG erfolgen sollte, nicht über die KÄV.
Rechtliche Fragestellungen: Kern der rechtlichen Auseinandersetzung war die Auslegung von § 14 Abs. 1 Satz 1 des zwischen den Parteien geschlossenen Bereinigungsvertrags sowie der entsprechenden Regelung des Bewertungsausschusses (BewA). Es ging um die Frage, ob eine „nichtvertragskonforme Inanspruchnahme“ im Sinne dieser Bestimmungen auch dann vorliegt, wenn ein an der HzV teilnehmender Versicherter seinen HzV-Arzt aufsucht, dieser die Leistungen aber fehlerhaft über die KÄV abrechnet.
Entscheidung und Begründung: Das BSG hob das Urteil des Sozialgerichts Mainz auf und wies die Klage ab. Das BSG argumentierte, dass die relevanten Bestimmungen eine „Inanspruchnahme“ von Leistungen durch den Versicherten voraussetzen. Diese liege nur dann vor, wenn der Versicherte einen nicht an der HzV teilnehmenden Hausarzt aufsucht. Eine fehlerhafte Abrechnung durch den HzV-Arzt falle hingegen nicht unter diese Regelung. Die Krankenkasse sei nicht verpflichtet, die fehlerhafte Abrechnung zu korrigieren. Es sei vielmehr Aufgabe der KÄV, die sachlich-rechnerische Richtigstellung gegenüber dem Vertragsarzt durchzuführen.
Folgen des Urteils: Das Urteil verdeutlicht die Abgrenzung zwischen Kollektiv- und Selektivverträgen in der HzV und stärkt die Verantwortung der KÄVen für die sachlich-rechnerische Richtigstellung von Honorarabrechnungen. Es dürfte dazu beitragen, die Abrechnungspraxis in der HzV zu vereinheitlichen und Streitigkeiten über die Vergütung von Leistungen zu vermeiden.
Schlussfolgerung: Die Entscheidung des BSG bietet Klarheit für die Abrechnung von Hausarzt-Leistungen in der HzV. Sie unterstreicht die Bedeutung der korrekten Anwendung der vertraglichen Regelungen und die Notwendigkeit einer engen Zusammenarbeit zwischen KÄVen und Krankenkassen, um die Herausforderungen an der Schnittstelle zwischen Kollektiv- und Selektivverträgen zu bewältigen.
Quellen: