Einleitung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 28. Januar 2025 ein wichtiges Urteil (Az. X ZR 80/22) zur Stornierung von Pauschalreisen im Kontext der Covid-19-Pandemie gefällt. Die Entscheidung klärt die Frage, unter welchen Umständen ein Reiseveranstalter trotz Rücktritts des Reisenden eine Entschädigung verlangen kann, wenn die Reise später aufgrund der Pandemie abgesagt wird.
Der Kläger buchte im August 2019 eine Pauschalreise für Oktober/November 2020 und leistete eine Anzahlung. Im August 2020 trat er von der Reise zurück. Die Beklagte, der Reiseveranstalter, behielt die Anzahlung ein und verlangte eine zusätzliche Stornierungsgebühr. Später sagte die Beklagte die Reise aufgrund der Pandemie ab. Der Kläger klagte auf Rückzahlung der Anzahlung.
Zentral war die Frage, ob die Covid-19-Pandemie einen "unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstand" im Sinne von § 651h Abs. 3 BGB darstellt und ob der Reiseveranstalter einen Entschädigungsanspruch hat, obwohl die Reise letztlich abgesagt wurde. Der Fokus lag auf dem Zeitpunkt der Beurteilung der Situation: zum Zeitpunkt des Rücktritts oder zum Zeitpunkt der tatsächlichen Absage.
Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zurück. Der BGH bestätigte, dass die Covid-19-Pandemie grundsätzlich einen unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstand darstellen kann. Entscheidend sei jedoch die Situation zum Zeitpunkt des Rücktritts des Reisenden. Das Berufungsgericht habe fälschlicherweise den späteren Zeitpunkt der Absage berücksichtigt. Der BGH bezog sich dabei auf ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 29. Februar 2024 - C-584/22). Demnach sind für die Beurteilung der Umstände ausschließlich die Verhältnisse zum Zeitpunkt des Rücktritts maßgeblich.
Das Urteil verdeutlicht, dass Reiseveranstalter nicht pauschal auf einen Entschädigungsanspruch pochen können, wenn die Reise später aufgrund der Pandemie abgesagt wird. Es kommt auf die konkrete Situation zum Zeitpunkt des Rücktritts an. Ungewissheit über die Entwicklung der Pandemie kann ein starkes Indiz für die Unzumutbarkeit der Reise sein. Individuelle Gesundheitsrisiken der Reisenden sind ebenfalls zu berücksichtigen.
Die Entscheidung des BGH bietet Klarheit für Reisende und Reiseveranstalter in Bezug auf Stornierungen im Kontext der Covid-19-Pandemie. Die Beurteilung der Umstände zum Zeitpunkt des Rücktritts ist entscheidend für die Frage des Entschädigungsanspruchs. Das Berufungsgericht muss nun die konkreten Umstände zum Zeitpunkt des Rücktritts prüfen.