Ein kürzlich vom Bundesgerichtshof (BGH) gefälltes Urteil vom 20. November 2024 (Az. 2 StR 170/24) wirft ein Schlaglicht auf die rechtliche Bewertung sexueller Nötigung Minderjähriger über Online-Plattformen. Der Fall verdeutlicht die Herausforderungen bei der Anwendung von Gesetzen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen im digitalen Raum.
Der Angeklagte kontaktierte über Online-Plattformen minderjährige Mädchen im Alter von 13 bis 16 Jahren. Unter falschen Identitäten gab er sich als minderjährig aus und versuchte, Nacktfotos und pornografische Inhalte von den Mädchen zu erlangen. Durch schrittweise Manipulation und Erpressung übte er Druck auf die Opfer aus, um seine Forderungen durchzusetzen.
Der Fall warf mehrere rechtliche Fragen auf, darunter die Abgrenzung zwischen versuchter und vollendeter Vergewaltigung im digitalen Kontext, die Definition von jugendpornografischen Inhalten und die Anwendung des § 184c StGB. Besonders relevant war die Frage, ob die Handlungen des Angeklagten den Tatbestand der Vergewaltigung bzw. des sexuellen Missbrauchs von Kindern ohne Körperkontakt mit dem Kind erfüllen, auch wenn er nicht physisch anwesend war.
Der BGH bestätigte teilweise das Urteil des Landgerichts Köln. In einem Fall hob der BGH den Schuldspruch wegen Unternehmens des Sichverschaffens jugendpornografischer Inhalte auf, da die erhaltenen Aufnahmen nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprachen. In einem anderen Fall änderte der BGH den Schuldspruch von versuchtem zu vollendetem sexuellem Missbrauch eines Kindes ohne Körperkontakt mit dem Kind in Tateinheit mit sexueller Nötigung und Sichverschaffen kinderpornografischer Inhalte, da die Geschädigte unter Druck ein Video mit sexuellen Handlungen an sich selbst erstellt hatte.
Der BGH argumentierte, dass die Tathandlungen des Angeklagten im digitalen Raum den Tatbestand der (versuchten) Vergewaltigung bzw. des sexuellen Missbrauchs erfüllen können, auch ohne physische Anwesenheit. Die Androhung der Verbreitung von Nacktbildern und die manipulative Vorgehensweise des Angeklagten wurden als erhebliche Rechtsgutgefährdung gewertet.
Das Urteil verdeutlicht die Notwendigkeit einer klaren rechtlichen Einordnung von sexuellen Übergriffen im digitalen Raum. Es stärkt den Schutz von Kindern und Jugendlichen vor Online-Erpressung und sexueller Nötigung. Die Entscheidung des BGH unterstreicht, dass die Strafverfolgung auch bei Taten im Internet konsequent erfolgen muss.
Der Fall zeigt die zunehmende Bedeutung von Straftaten im digitalen Bereich und die Notwendigkeit, die Rechtsprechung an die neuen Herausforderungen anzupassen. Die Entscheidung des BGH trägt dazu bei, die rechtlichen Grundlagen für die Verfolgung von Sexualstraftaten im Internet zu festigen und den Schutz von Kindern und Jugendlichen in der digitalen Welt zu verbessern.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. November 2024 (Az. 2 StR 170/24)