Einführung: Ein kürzlich vom Bundesgerichtshof (BGH) gefälltes Urteil hebt ein Urteil des Landgerichts Bremen auf, das einen Angeklagten wegen Mordes an seinem Sohn verurteilt hatte. Der BGH rügt die Prüfung der Schuldfähigkeit des Angeklagten durch das Landgericht als rechtsfehlerhaft.
Hintergrund des Falls: Der Angeklagte tötete seinen Sohn nach der Trennung von seiner Ehefrau. Er litt unter einer Depression und einer schizoaffektiven Störung und hatte eigenmächtig die Einnahme seiner Medikamente abgesetzt. Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen Mordes verurteilt und seine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet, da es von einer erheblich eingeschränkten, aber nicht aufgehobenen Schuldfähigkeit ausging.
Rechtliche Fragen: Der BGH stellte fest, dass das Landgericht bei der Prüfung der Schuldfähigkeit des Angeklagten Rechtsfehler begangen hatte. Das Urteil enthielt keine Ausführungen dazu, von welchem Eingangsmerkmal des § 20 StGB die Strafkammer ausging, und es fehlten Ausführungen zum Ausprägungsgrad der diagnostizierten psychischen Störungen sowie deren Einfluss auf die Tatbegehung. Der BGH kritisierte, dass das Landgericht die Auswirkungen der mittelschweren Depression und der schizoaffektiven Störung nicht in einer gebotenen Zusammenschau gewürdigt hatte.
Entscheidung und Begründung: Der BGH hob das Urteil des Landgerichts auf und verwies die Sache zur Neuverhandlung an eine andere Schwurgerichtskammer des Landgerichts zurück. Die Feststellungen zum äußeren Tatgeschehen bleiben jedoch bestehen. Der BGH betonte, dass bei der Beurteilung der Schuldfähigkeit die verschiedenen psychischen Störungen des Angeklagten in ihrer Gesamtheit betrachtet werden müssen und deren konkrete Auswirkungen auf die Einsichts- und Steuerungsfähigkeit im Tatzeitpunkt dargelegt werden müssen.
Auswirkungen: Das Urteil des BGH verdeutlicht die hohen Anforderungen an die Prüfung der Schuldfähigkeit bei Tötungsdelikten. Es unterstreicht die Notwendigkeit einer umfassenden und detaillierten Analyse der psychischen Verfassung des Täters und deren Einfluss auf die Tatbegehung. Der BGH gab dem neuen Tatgericht zudem Hinweise zur möglichen Anwendung des § 21 StGB im Falle einer erneut festgestellten erheblich eingeschränkten Schuldfähigkeit.
Schlussfolgerung: Die Entscheidung des BGH verdeutlicht die Komplexität der Schuldfähigkeitsbeurteilung im Strafrecht. Die Neuverhandlung des Falls wird zeigen, ob das neue Tatgericht den Anforderungen des BGH gerecht wird und zu einer anderen Beurteilung der Schuldfähigkeit des Angeklagten gelangt.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. Januar 2025 - 5 StR 616/24