BGH-Urteil zur Satzungsautonomie bei Nachweis der Teilnahmeberechtigung an Hauptversammlungen
Einführung: Ein kürzlich vom Bundesgerichtshof (BGH) gefälltes Urteil klärt wichtige Fragen hinsichtlich der Satzungsautonomie von nicht börsennotierten Aktiengesellschaften, die Inhaberaktien ausgeben, bezüglich des Nachweises der Teilnahme- und Stimmrechtsberechtigung an Hauptversammlungen. Die Entscheidung stärkt die Gestaltungsfreiheit solcher Gesellschaften.
Hintergrund des Falls: Der Fall betrifft ein Verfahren, das seinen Ursprung vor dem Landgericht (LG) Stuttgart hatte und über das Oberlandesgericht (OLG) Stuttgart schließlich zum BGH gelangte. Streitgegenstand waren die Anforderungen an den Nachweis der Berechtigung zur Teilnahme an der Hauptversammlung einer nicht börsennotierten Aktiengesellschaft, die Inhaberaktien ausgegeben hatte. Die Satzung der Gesellschaft enthielt abweichende Bestimmungen von den Voraussetzungen des § 123 Abs. 4 AktG.
Rechtliche Fragen: Im Kern ging es um die Auslegung von § 123 Abs. 3 Halbsatz 1 und § 123 Abs. 4 Satz 5 AktG. Es stellte sich die Frage, ob die unwiderlegliche Vermutung des § 123 Abs. 4 Satz 5 AktG auch für abweichende Satzungsbestimmungen gilt und inwieweit § 123 Abs. 3 Halbsatz 1 AktG nicht börsennotierten Aktiengesellschaften, die Inhaberaktien ausgeben, Satzungsautonomie bei der Ausgestaltung des Nachweises der Teilnahme- und Stimmrechtsberechtigung einräumt.
Entscheidung und Begründung: Der BGH entschied, dass die unwiderlegliche Vermutung des § 123 Abs. 4 Satz 5 AktG nur für die in § 123 Abs. 4 AktG genannten Nachweise gilt und nicht auf davon abweichende Satzungsbestimmungen anwendbar ist. Weiterhin stellte der BGH klar, dass § 123 Abs. 3 Halbsatz 1 AktG nicht börsennotierten Aktiengesellschaften, die Inhaberaktien ausgeben, weitgehende Satzungsfreiheit bei der Gestaltung des Nachweises der Teilnahme- und Stimmrechtsberechtigung an der Hauptversammlung gewährt.
Auswirkungen: Das Urteil hat erhebliche Bedeutung für die Praxis. Es stärkt die Autonomie nicht börsennotierter Aktiengesellschaften, die Inhaberaktien ausgeben, bei der Gestaltung ihrer Satzung im Hinblick auf den Nachweis der Teilnahme- und Stimmrechtsberechtigung an Hauptversammlungen. Dies ermöglicht Gesellschaften flexiblere Regelungen zu treffen, die ihren individuellen Bedürfnissen entsprechen.
Schlussfolgerung: Die Entscheidung des BGH bietet Klarheit hinsichtlich der Auslegung von § 123 Abs. 3 und 4 AktG. Sie unterstreicht die Bedeutung der Satzungsautonomie und ermöglicht nicht börsennotierten Aktiengesellschaften mit Inhaberaktien eine größere Flexibilität bei der Gestaltung der Teilnahmerechte an Hauptversammlungen. Zukünftige Entscheidungen werden zeigen, wie diese Autonomie in der Praxis ausgestaltet wird.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 25.03.2025 - II ZR 208/22