Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 28. Januar 2025 ein wichtiges Urteil (Az. X ZR 56/22) zur Rückzahlung von Reisepreisen aufgrund der Corona-Pandemie gefällt. Das Urteil klärt Fragen zur Anwendbarkeit von § 651h Abs. 3 BGB in Fällen, in denen Reisende vor Reisebeginn aufgrund der Pandemie vom Vertrag zurückgetreten sind.
Der Kläger hatte bei einem Reiseveranstalter zwei Reisen gebucht: eine Busreise im März 2020 und eine weitere Reise im September/Oktober 2020. Vor Reiseantritt trat der Kläger von beiden Reisen zurück, zunächst unter Angabe gesundheitlicher bzw. persönlicher Gründe. Später gab er an, der Rücktritt sei aufgrund der Corona-Pandemie erfolgt. Die erste Reise wurde vom Veranstalter abgebrochen, die zweite gar nicht erst durchgeführt. Der Veranstalter erstattete dem Kläger nur einen Teil der geleisteten Zahlungen.
Kernfrage des Rechtsstreits war, ob der Reiseveranstalter einen Anspruch auf Entschädigung nach § 651h Abs. 1 Satz 3 BGB geltend machen kann, obwohl die Reisen aufgrund der Corona-Pandemie nicht durchgeführt wurden. Streitig war insbesondere, ob für die Beurteilung der "unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände" im Sinne von § 651h Abs. 3 BGB der Zeitpunkt des Rücktritts maßgeblich ist und ob der Reisende sich bei Rücktritt ausdrücklich auf diese Umstände berufen muss.
Der BGH entschied, dass die Corona-Pandemie grundsätzlich einen "unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstand" im Sinne von § 651h Abs. 3 BGB darstellt. Ein ausdrückliches Berufen des Reisenden auf diese Umstände bei Rücktritt sei nicht erforderlich. Entscheidend sei allein, ob zum Zeitpunkt des Rücktritts tatsächlich Umstände vorlagen, die die Durchführung der Reise erheblich beeinträchtigten. Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zurück, da das Berufungsgericht keine Feststellungen dazu getroffen hatte, ob zum Zeitpunkt des Rücktritts des Klägers bereits eine erhebliche Beeinträchtigung der Reisen absehbar war.
Das Urteil verdeutlicht, dass für die Beurteilung der Entschädigungspflicht nach § 651h BGB der Zeitpunkt des Rücktritts maßgeblich ist. Reiseveranstalter können sich nicht auf spätere Entwicklungen berufen. Für Reisende bedeutet dies, dass sie im Falle einer Pandemie nicht zwingend bis kurz vor Reisebeginn abwarten müssen, um von ihrem Rücktrittsrecht Gebrauch zu machen.
Das BGH-Urteil liefert wichtige Klarstellungen zur Anwendung von § 651h BGB im Kontext der Corona-Pandemie. Es bleibt abzuwarten, wie die Instanzgerichte die vom BGH geforderten Feststellungen im konkreten Fall treffen werden. Die Entscheidung dürfte jedoch wegweisend für zahlreiche ähnliche Fälle sein.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 28. Januar 2025 - X ZR 56/22 (Quelle: Deutsches Rechtssystem)