Ein kürzlich vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedener Fall (X ZR 61/22 vom 28.01.2025) befasst sich mit der Frage der Rückzahlung einer Reiseanzahlung im Kontext der Corona-Pandemie. Das Urteil verdeutlicht die Komplexität der Rechtslage bei Reiseabsagen aufgrund unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände und die Bedeutung des Rücktrittszeitpunkts für die Beurteilung der Sachlage.
Die Klägerin buchte im Januar 2020 eine Pauschalreise nach Südafrika für Januar 2021 und leistete eine Anzahlung. Im August 2020 trat sie aufgrund der Corona-Pandemie vom Vertrag zurück. Die Beklagte, der Reiseveranstalter, führte die Reise letztlich ebenfalls aufgrund der Pandemie nicht durch. Die Klägerin verlangte die Rückzahlung der Anzahlung, während die Beklagte eine Stornierungsgebühr geltend machte. Amts- und Berufungsgericht gaben der Klägerin Recht.
Kern der rechtlichen Auseinandersetzung war die Auslegung von § 651h BGB im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie. Es stellte sich die Frage, ob die Pandemie einen "unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstand" im Sinne des Gesetzes darstellt und ob die Klägerin trotz ihres Rücktritts zur Zahlung einer Entschädigung verpflichtet ist. Besonders strittig war der Einfluss des späteren Reiseausfalls auf die Beurteilung der Situation zum Zeitpunkt des Rücktritts.
Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zurück. Der BGH bestätigte zwar, dass die Corona-Pandemie grundsätzlich einen unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstand darstellt. Entscheidend sei jedoch die Situation zum Zeitpunkt des Rücktritts der Klägerin. Das Berufungsgericht habe fälschlicherweise den späteren tatsächlichen Ausfall der Reise berücksichtigt. Der BGH bezog sich dabei auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 29. Februar 2024 - C-584/22), wonach für die Beurteilung der Sachlage allein der Zeitpunkt des Rücktritts maßgeblich ist.
Das Urteil verdeutlicht, dass bei der Beurteilung von Rücktrittsansprüchen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie eine sorgfältige Prüfung der Umstände zum Zeitpunkt des Rücktritts erforderlich ist. Die spätere Absage der Reise durch den Veranstalter ist für die Beurteilung unerheblich. Es kommt darauf an, ob zum Zeitpunkt des Rücktritts bereits absehbar war, dass die Reise durch die Pandemie erheblich beeinträchtigt werden würde.
Das BGH-Urteil präzisiert die Rechtsprechung zu Reiseabsagen im Kontext der Corona-Pandemie. Es stärkt die Rechte der Reisenden und betont die Bedeutung einer individuellen Prüfung der Umstände zum Zeitpunkt des Rücktritts. Das Urteil dürfte zukünftige Entscheidungen in ähnlichen Fällen beeinflussen.
Bundesgerichtshof, Urteil vom 28. Januar 2025 - X ZR 61/22
EuGH, Urteil vom 29. Februar 2024 - C-584/22