Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 28. Januar 2025 ein wichtiges Urteil (Az.: X ZR 67/22) zur Rückzahlung von Reiseanzahlungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie gefällt. Die Entscheidung klärt Fragen zum Entschädigungsanspruch von Reiseveranstaltern bei Rücktritt von Pauschalreisen aufgrund der Pandemie.
Die Kläger hatten im Januar 2020 eine Pauschalreise bei der Beklagten gebucht und eine Anzahlung geleistet. Im Juni 2020 traten sie vom Vertrag zurück. Die Beklagte behielt eine Stornierungsgebühr ein und sagte die Reise später selbst ab. Die Kläger verlangten die vollständige Rückzahlung der geleisteten Beträge.
Zentraler Streitpunkt war die Frage, ob die Beklagte trotz des Rücktritts der Kläger und der späteren Absage der Reise einen Anspruch auf Entschädigung gemäß § 651h Abs. 1 Satz 3 BGB hatte. Insbesondere war zu klären, ob die COVID-19-Pandemie einen "unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstand" im Sinne von § 651h Abs. 3 BGB darstellte und ob der Zeitpunkt des Rücktritts oder der späteren Absage für die Beurteilung der Sachlage maßgeblich ist.
Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zurück. Er bestätigte zwar, dass die COVID-19-Pandemie grundsätzlich als "unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstand" im Sinne des § 651h Abs. 3 BGB zu qualifizieren ist. Entscheidend sei jedoch der Zeitpunkt des Rücktritts der Reisenden. Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sei für die Beurteilung der Frage, ob unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände vorliegen, allein auf die Situation zum Zeitpunkt des Rücktritts abzustellen.
Das Berufungsgericht hatte fälschlicherweise angenommen, dass die spätere Absage der Reise durch die Beklagte ausreichend sei, um einen Entschädigungsanspruch auszuschließen. Der BGH stellte klar, dass dies nicht der Fall ist und dass die Beurteilung anhand der Umstände zum Zeitpunkt des Rücktritts erfolgen muss.
Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung des Rücktrittszeitpunkts für die Beurteilung von Entschädigungsansprüchen bei pandemiebedingten Reiserücktritten. Reiseveranstalter können sich nicht auf die spätere Absage der Reise berufen, wenn zum Zeitpunkt des Rücktritts noch keine konkreten Umstände vorlagen, die eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise wahrscheinlich erscheinen ließen.
Die Entscheidung des BGH schafft Klarheit für Reisende und Reiseveranstalter. Das Berufungsgericht muss nun prüfen, ob zum Zeitpunkt des Rücktritts der Kläger bereits absehbar war, dass die Reise aufgrund der Pandemie erheblich beeinträchtigt werden würde. Dabei sind auch individuelle Gesundheitsrisiken der Reisenden zu berücksichtigen. Die vorbehaltlose Zahlung der Stornierungsgebühr durch die Kläger stellt kein Anerkenntnis oder einen Verzicht auf Rückforderungsansprüche dar.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 28. Januar 2025, Az.: X ZR 67/22 (abgerufen vom Deutschen Rechtsprechungsportal)