Einleitung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil vom 28. Januar 2025 (Az. X ZR 58/22) entschieden, dass die Rückzahlung einer Anzahlung für eine pandemiebedingt stornierte Pauschalreise nicht ohne Weiteres mit einem Entschädigungsanspruch des Reiseveranstalters verrechnet werden kann. Das Urteil verdeutlicht die Komplexität der Rechtslage bei Reiserücktritten im Kontext der COVID-19-Pandemie und hat weitreichende Bedeutung für Reisende und die Reisebranche.
Die Klägerseite verlangte die Rückzahlung einer Anzahlung für eine im Mai 2020 gebuchte Pauschalreise nach Russland. Die Reise wurde aufgrund der COVID-19-Pandemie und der damit verbundenen Reisebeschränkungen nicht angetreten. Die Beklagte, ein Reiseveranstalter, verweigerte die Rückzahlung unter Verweis auf einen angeblichen Anspruch auf Stornogebühren. Das Amtsgericht gab der Klage statt, das Berufungsgericht wies die Klage hinsichtlich der Anwaltskosten ab, bestätigte aber im Wesentlichen das amtsgerichtliche Urteil. Die Beklagte legte Revision ein.
Der BGH hatte zu klären, ob die COVID-19-Pandemie einen "unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstand" im Sinne von § 651h Abs. 3 BGB darstellt und ob der Reiseveranstalter trotz Rücktritts des Reisenden Anspruch auf eine Entschädigung hat. Kernpunkt der Auseinandersetzung war die Frage, ob für die Beurteilung der Rechtslage der Zeitpunkt des Rücktritts maßgeblich ist oder ob die spätere Absage der Reise durch den Veranstalter berücksichtigt werden darf.
Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zurück. Er bestätigte, dass die COVID-19-Pandemie grundsätzlich als "unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstand" im Sinne des § 651h Abs. 3 BGB zu werten ist. Entscheidend sei jedoch die Situation zum Zeitpunkt des Rücktritts. Das Berufungsgericht habe fehlerhaft angenommen, dass allein die spätere Absage der Reise durch den Veranstalter den Entschädigungsanspruch ausschließt. Der BGH stellte klar, dass für die Beurteilung der Rechtslage die Situation zum Zeitpunkt des Rücktritts des Reisenden maßgeblich ist. Es müsse geprüft werden, ob zu diesem Zeitpunkt bereits konkrete Umstände vorlagen, die eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise erwarten ließen.
Das Urteil präzisiert die Rechtsprechung zu Reiserücktritten im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. Es stärkt die Rechte der Reisenden und macht deutlich, dass Reiseveranstalter nicht pauschal auf Stornogebühren bestehen können, wenn die Reise aufgrund der Pandemie später abgesagt wird. Die Entscheidung dürfte zahlreiche ähnliche Fälle beeinflussen.
Das BGH-Urteil liefert wichtige Klarstellungen zur Rechtslage bei pandemiebedingten Reiserücktritten. Es bleibt abzuwarten, wie das Berufungsgericht im weiteren Verfahren die vom BGH geforderten Feststellungen treffen wird. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung der individuellen Umstände im jeweiligen Einzelfall.
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs zum Urteil vom 28. Januar 2025 (Az. X ZR 58/22)