Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 28. Januar 2025 (Az.: X ZR 66/22) klärt wichtige Fragen zur Rückzahlung von Anzahlungen bei pandemiebedingten Reiserücktritten. Der Fall betrifft einen Kläger, der eine Kreuzfahrt gebucht hatte, die aufgrund der COVID-19-Pandemie nicht stattfinden konnte. Das Urteil verdeutlicht die Rechte von Reisenden und Reiseveranstaltern in solchen Situationen und präzisiert die Anwendung von § 651h BGB.
Der Kläger buchte im November 2019 eine Kreuzfahrt für September 2020 und leistete eine Anzahlung. Im Juni 2020 trat er aufgrund der Corona-Pandemie vom Vertrag zurück. Die Beklagte, der Reiseveranstalter, stellte ihm daraufhin eine Stornierungsgebühr in Rechnung, behielt aber die Anzahlung ein. Der Kläger klagte auf Rückzahlung der Anzahlung und Feststellung des Nichtbestehens des Anspruchs auf die Stornierungsgebühr.
Zentraler Streitpunkt war die Frage, ob dem Kläger ein Anspruch auf Rückzahlung der Anzahlung zustand und ob die Beklagte berechtigt war, eine Stornierungsgebühr zu verlangen. Hierbei war insbesondere § 651h BGB relevant, der die Rechte und Pflichten von Reisenden und Reiseveranstaltern bei unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen regelt. Der BGH musste klären, ob die COVID-19-Pandemie einen solchen Umstand darstellt und ob die spätere Absage der Reise durch den Leistungsträger (die Reederei) für die Beurteilung des Rücktrittszeitpunkts relevant ist.
Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zurück. Er bestätigte zwar, dass die COVID-19-Pandemie einen unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstand im Sinne von § 651h Abs. 3 Satz 2 BGB darstellt. Entscheidend sei jedoch der Zeitpunkt des Rücktritts. Der BGH stellte klar, dass für die Beurteilung, ob unvermeidbare, außergewöhnliche Umstände vorliegen, ausschließlich die Situation zum Zeitpunkt des Rücktritts maßgeblich ist. Die spätere Absage der Reise durch die Reederei ist daher nicht relevant. Der BGH folgte damit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 29. Februar 2024 - C-584/22).
Das Urteil hat weitreichende Bedeutung für die Rechtsprechung zu pandemiebedingten Reiserücktritten. Es stärkt die Rechte der Reisenden und verdeutlicht, dass die Beurteilung der Situation zum Zeitpunkt des Rücktritts entscheidend ist. Reiseveranstalter können nicht nachträglich Stornierungsgebühren verlangen, wenn die Reise später aufgrund der Pandemie abgesagt wird, sofern zum Zeitpunkt des Rücktritts bereits absehbar war, dass die Reise erheblich beeinträchtigt sein würde.
Das BGH-Urteil bietet wichtige Klarstellungen für Reisende und Reiseveranstalter. Es bleibt abzuwarten, wie das Berufungsgericht im konkreten Fall entscheiden wird. Es wird insbesondere prüfen müssen, ob zum Zeitpunkt des Rücktritts des Klägers bereits konkrete Umstände vorlagen, die eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise erwarten ließen. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung der Rechtslage im Einzelfall.