Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 28. Januar 2025 ein wichtiges Urteil (Az.: X ZR 77/22) zur Rückzahlung einer Reiseanzahlung im Kontext der COVID-19-Pandemie gefällt. Das Urteil klärt die Frage, unter welchen Umständen ein Reisender Anspruch auf Rückzahlung seiner Anzahlung hat, wenn die Reise aufgrund der Pandemie abgesagt wurde.
Der Kläger hatte bei einem Reiseveranstalter eine Pauschalreise nach Andalusien gebucht und eine Anzahlung geleistet. Vor Reisebeginn trat der Kläger vom Vertrag zurück. Später sagte der Reiseveranstalter die Reise aufgrund der COVID-19-Pandemie ab und verweigerte die Rückzahlung der Anzahlung.
Kern der rechtlichen Auseinandersetzung war die Frage, ob der Reiseveranstalter trotz des Rücktritts des Klägers einen Anspruch auf eine Entschädigungszahlung gemäß § 651h Abs. 1 Satz 3 BGB hatte. Hierbei war insbesondere zu klären, ob die COVID-19-Pandemie einen "unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstand" im Sinne von § 651h Abs. 3 BGB darstellt und ob die Beurteilung dieses Umstands zum Zeitpunkt des Rücktritts des Reisenden oder zum Zeitpunkt der späteren Absage der Reise durch den Veranstalter zu erfolgen hat.
Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zurück. Der BGH bestätigte zwar, dass die COVID-19-Pandemie grundsätzlich als "unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstand" im Sinne des § 651h Abs. 3 BGB zu qualifizieren ist. Entscheidend sei jedoch der Zeitpunkt des Rücktritts des Reisenden. Gemäß der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) ist für die Beurteilung der Frage, ob ein solcher Umstand vorliegt, allein die Situation zum Zeitpunkt des Rücktritts maßgeblich. Das Berufungsgericht hatte hingegen fälschlicherweise auf den Zeitpunkt der späteren Reiseabsage abgestellt.
Der BGH stellte klar, dass das Berufungsgericht nun prüfen muss, ob zum Zeitpunkt des Rücktritts des Klägers bereits konkrete Umstände vorlagen, die eine erhebliche Wahrscheinlichkeit einer erheblichen Beeinträchtigung der Reise begründen. Hierbei seien auch individuelle Gesundheitsrisiken und die Ungewissheit über die weitere Entwicklung der Pandemie zu berücksichtigen.
Das Urteil des BGH hat weitreichende Bedeutung für die Rechtsprechung zu Reisepreiserstattungen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. Es stärkt die Rechte der Reisenden und verdeutlicht, dass die Beurteilung der Umstände zum Zeitpunkt ihres Rücktritts entscheidend ist. Reiseveranstalter können sich nicht auf spätere Entwicklungen berufen, um einen Entschädigungsanspruch zu begründen.
Das BGH-Urteil liefert wichtige Klarstellungen für die Abwicklung von Reiseverträgen, die von der COVID-19-Pandemie betroffen sind. Es bleibt abzuwarten, wie das Berufungsgericht im konkreten Fall entscheiden wird, nachdem es die vom BGH geforderten Feststellungen getroffen hat. Die Entscheidung dürfte jedoch wegweisend für zukünftige Fälle sein.
BGH, Urteil vom 28. Januar 2025 - X ZR 77/22
EuGH, Urteil vom 29. Februar 2024 - C-584/22