Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 10.12.2024 in einem wegweisenden Urteil (Az. X ZR 128/22) das europäische Patent 3 068 077 mit Wirkung für die Bundesrepublik Deutschland für nichtig erklärt. Das Patent betraf einen Netzwerkknoten zur Verwendung mit einer Multicast-Quelle in einem paketvermittelten Netzwerk. Die Entscheidung des BGH bestätigt das vorherige Urteil des Bundespatentgerichts (BPatG) vom 25. Oktober 2022 (Az: 5 Ni 26/19 (EP)), welches das Patent in Teilen für nichtig erklärt hatte.
Die Beklagte, Inhaberin des Streitpatents, hatte die Erfindung als eine Verbesserung der Effizienz bei der Weiterleitung von Multicast-Verkehr in Kommunikationsnetzwerken dargestellt. Der Patentanspruch 1 beschrieb einen Netzwerkknoten mit mehreren physischen Anschlüssen, gruppiert in verschiedene Gruppen, sowie einer Vermittlungsstruktur. Kern der Erfindung war die Zuweisung einer Kennung zu empfangenen Multicast-Paketen, anhand derer die Vermittlungsstruktur die Pakete an jeweils einen Anschluss pro Empfängergruppe weiterleitete. Die Klägerin hatte die Patentfähigkeit des Streitpatents bestritten und argumentiert, der Gegenstand des Patents gehe über den Inhalt der ursprünglich eingereichten Unterlagen hinaus.
Die zentralen rechtlichen Fragen des Falls drehten sich um die Neuheit und die erfinderische Tätigkeit des Streitpatents. Insbesondere war zu klären, ob der Gegenstand des Patents im Stand der Technik bereits bekannt war und ob die Erfindung gegenüber dem Stand der Technik eine erfinderische Tätigkeit darstellte. Weiterhin war die Zulässigkeit der Änderungen des Patentanspruchs im Laufe des Verfahrens zu prüfen.
Der BGH bestätigte die Entscheidung des BPatG und erklärte das Streitpatent in vollem Umfang für nichtig. Der BGH begründete seine Entscheidung damit, dass der Gegenstand des Patents durch das US-amerikanische Patent 7 023 797 (NK13) vorweggenommen sei. NK13 beschreibe ein Verfahren zur Verteilung von Datenrahmen in einem Netzwerk-Switch, das alle Merkmale des Streitpatents offenbare, einschließlich der Zuweisung einer Kennung und der Weiterleitung an jeweils einen Port pro Gruppe. Auch die von der Beklagten vorgelegten Hilfsanträge zur Änderung des Patentanspruchs führten nicht zu einer anderen Beurteilung. Der BGH stellte fest, dass auch die geänderten Fassungen des Patents durch NK13 vorweggenommen oder aber durch den Stand der Technik nahegelegt seien.
Das Urteil des BGH hat Auswirkungen auf den Schutzbereich von Patenten im Bereich der Netzwerktechnik. Es verdeutlicht die hohen Anforderungen an die Neuheit und erfinderische Tätigkeit von Erfindungen auf diesem Gebiet. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Recherche des Stands der Technik bei der Patentanmeldung.
Das BGH-Urteil zur Nichtigkeit des Patents 3 068 077 verdeutlicht die strengen Kriterien für die Patentierbarkeit von Erfindungen im Bereich der Netzwerktechnik. Die Entscheidung unterstreicht die Wichtigkeit einer gründlichen Prüfung des Stands der Technik, um spätere Nichtigkeitsklagen zu vermeiden. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in diesem Bereich weiterentwickeln wird.