Einführung: Ein kürzlich vom Bundesgerichtshof (BGH) gefälltes Urteil vom 21.11.2024 (Az.: IX ZR 251/22) klärt die Frage, ob Ansprüche aus der Fluggastrechteverordnung bei Insolvenz des Luftfahrtunternehmens als Insolvenzforderungen oder Masseverbindlichkeiten zu behandeln sind, insbesondere im Zusammenhang mit Umbuchungen nach Insolvenzeröffnung.
Der Kläger buchte 2019 Flüge für seine Schwiegereltern bei der beklagten Airline. Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Beklagten im Dezember 2019 wurden die Flüge im März 2020 umgebucht und im April 2020 endgültig annulliert. Die Airline bot eine erneute Umbuchung an, erstattete die Kosten aber nicht. Der Kläger, dem die Ansprüche seiner Schwiegereltern abgetreten wurden, klagte auf Erstattung der Flugscheinkosten.
Kernfrage war, ob der Anspruch auf Rückerstattung des Flugpreises nach Art. 5 Abs. 1 Buchst. a, Art. 8 Abs. 1 Buchst. a der Fluggastrechteverordnung (VO (EG) Nr. 261/2004) eine Insolvenzforderung (§ 38 InsO) oder eine Masseverbindlichkeit (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 InsO) darstellt. Entscheidend war dabei, ob die Umbuchung nach Insolvenzeröffnung eine Novation des ursprünglichen Vertragsverhältnisses darstellte und damit eine neue Masseverbindlichkeit begründete.
Der BGH wies die Revision des Klägers zurück und bestätigte das Urteil des Berufungsgerichts. Der Anspruch auf Rückerstattung des Flugpreises stellt eine Insolvenzforderung dar. Die Umbuchung des Fluges nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens begründete keine neue Masseverbindlichkeit. Es fehlte an einer Novation, da die Umbuchung lediglich eine Änderung des bestehenden Vertragsverhältnisses darstellte und keine neue Schuldbegründung im Sinne einer Masseverbindlichkeit erfolgte. Der BGH bestätigte seine frühere Rechtsprechung, wonach Umbuchungen, selbst bei Änderungen des Flugziels oder des Reisezeitraums, keine Novation darstellen, sondern bloße Vertragsänderungen sind. Da der Kläger den Flugpreis bereits vor Insolvenzeröffnung bezahlt hatte, blieb der Anspruch eine Insolvenzforderung, die nach dem Insolvenzplan zu behandeln ist.
Das Urteil stärkt die Rechtsklarheit im Hinblick auf die Behandlung von Fluggastrechteansprüchen im Insolvenzverfahren von Fluggesellschaften. Es unterstreicht, dass Umbuchungen nach Insolvenzeröffnung nicht automatisch zu Masseverbindlichkeiten führen, sondern die ursprüngliche Forderung als Insolvenzforderung bestehen bleibt. Dies hat erhebliche Auswirkungen für betroffene Fluggäste, da Insolvenzforderungen im Rahmen des Insolvenzplans häufig nur anteilig befriedigt werden.
Das BGH-Urteil verdeutlicht die rechtliche Komplexität von Fluggastrechten im Insolvenzfall. Fluggäste sollten sich der Auswirkungen von Umbuchungen nach einer Insolvenzeröffnung bewusst sein und ihre Ansprüche im Insolvenzverfahren anmelden. Das Urteil trägt dazu bei, die Rechtsprechung in diesem Bereich zu konsolidieren und bietet Orientierung für zukünftige Fälle.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 21.11.2024 - IX ZR 251/22 (Pressemitteilung Nr. /2024)