Einleitung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 28. Januar 2025 ein wichtiges Urteil (Az.: X ZR 112/21) zur Frage der Entschädigungspflicht bei Reiserücktritt aufgrund der COVID-19-Pandemie gefällt. Die Entscheidung klärt, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung der "unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstände" maßgeblich ist.
Der Kläger buchte im Juli 2019 eine Pauschalreise bei der Beklagten, die im März/April 2020 stattfinden sollte. Aufgrund der sich ausbreitenden Corona-Pandemie trat der Kläger Anfang März 2020 von der Reise zurück. Die Beklagte leistete eine Teilrückzahlung, behielt aber einen Teil des Reisepreises als Stornopauschale ein. Später sagte die Beklagte die Reise aufgrund einer Reisewarnung des Auswärtigen Amtes ab. Der Kläger klagte auf Rückzahlung des restlichen Reisepreises.
Kernfrage des Rechtsstreits war, ob der Kläger trotz seines Rücktritts eine Entschädigung nach § 651h Abs. 1 Satz 3 BGB schuldet. Hierbei war insbesondere zu klären, ob die COVID-19-Pandemie im März 2020 einen "unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstand" im Sinne von § 651h Abs. 3 BGB darstellte und ob für die Beurteilung dieser Frage der Zeitpunkt des Rücktritts oder der späteren Absage der Reise maßgeblich ist.
Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zurück. Der BGH bestätigte zwar, dass die COVID-19-Pandemie grundsätzlich als "unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstand" im Sinne des § 651h Abs. 3 BGB zu qualifizieren ist. Entscheidend sei jedoch der Zeitpunkt des Rücktritts. Unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 29. Februar 2024 - C-584/22) stellte der BGH klar, dass für die Beurteilung der Frage, ob die Durchführung der Reise erheblich beeinträchtigt war, allein auf die Situation zum Zeitpunkt des Rücktritts abzustellen ist. Die spätere Absage der Reise ist insofern unerheblich.
Die Entscheidung des BGH schafft Klarheit darüber, welcher Zeitpunkt für die Beurteilung der Entschädigungspflicht bei Reiserücktritt aufgrund der COVID-19-Pandemie maßgeblich ist. Reiseveranstalter können sich nicht auf die spätere Absage der Reise berufen, wenn zum Zeitpunkt des Rücktritts des Reisenden noch keine erhebliche Beeinträchtigung der Reise absehbar war.
Das Urteil des BGH hat weitreichende Bedeutung für die Beurteilung von Reiserücktritten im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. Es stärkt die Rechte der Reisenden und betont die Notwendigkeit einer individuellen Betrachtung der Umstände zum Zeitpunkt des Rücktritts. Das Berufungsgericht muss nun prüfen, ob zum Zeitpunkt des Rücktritts des Klägers bereits konkrete Umstände vorlagen, die eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise erwarten ließen.
Quelle: Entscheidung des BGH vom 28.01.2025, Az.: X ZR 112/21 (abrufbar über die Website des Bundesgerichtshofs oder juristische Datenbanken).