Einleitung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil vom 28. Januar 2025 (Az. X ZR 59/22) entschieden, dass bei der Beurteilung eines Entschädigungsanspruchs eines Reiseveranstalters im Falle eines pandemiebedingten Reiserücktritts der Zeitpunkt des Rücktritts maßgeblich ist. Das Urteil verdeutlicht die Rechte von Reisenden und Reiseveranstaltern im Kontext der COVID-19-Pandemie.
Der Kläger buchte im November 2019 eine Pauschalreise für April 2020. Im Februar und März 2020 stornierte er die Reise aufgrund der sich entwickelnden COVID-19-Pandemie. Die Beklagte, der Reiseveranstalter, bestätigte den Rücktritt, behielt jedoch die Anzahlung als Stornierungsgebühr ein. Die Reise fand letztlich nicht statt. Der Kläger klagte auf Rückzahlung der Anzahlung.
Zentraler Streitpunkt war die Frage, ob der Reiseveranstalter einen Anspruch auf Entschädigung gemäß § 651h Abs. 1 Satz 3 BGB hat, obwohl die Reise aufgrund der Pandemie nicht durchgeführt wurde. Hierbei war insbesondere zu klären, ob für die Beurteilung der Anspruchsvoraussetzungen der Zeitpunkt des Rücktritts oder der Zeitpunkt der tatsächlichen Nichtdurchführung der Reise relevant ist. Weiterhin war die Frage zu klären, ob die COVID-19-Pandemie im Frühjahr 2020 einen "unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstand" im Sinne von § 651h Abs. 3 Satz 2 BGB darstellt.
Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zurück. Der BGH bestätigte zwar, dass die COVID-19-Pandemie im Frühjahr 2020 grundsätzlich als "unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstand" im Sinne des § 651h Abs. 3 Satz 2 BGB zu qualifizieren ist. Entscheidend sei jedoch der Zeitpunkt des Rücktritts. In Anlehnung an die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 29. Februar 2024 - C-584/22) entschied der BGH, dass für die Beurteilung der Voraussetzungen des § 651h Abs. 3 BGB ausschließlich die Situation zum Zeitpunkt des Rücktritts maßgeblich ist. Das Berufungsgericht müsse daher prüfen, ob zum Zeitpunkt des Rücktritts bereits konkrete Umstände vorlagen, die eine erhebliche Beeinträchtigung der Reise wahrscheinlich machten.
Das Urteil stärkt die Rechte von Reisenden in Pandemiezeiten. Es verdeutlicht, dass Reiseveranstalter nicht pauschal auf Stornierungsgebühren bestehen können, wenn die Reise aufgrund der Pandemie nicht stattfindet. Vielmehr muss im Einzelfall geprüft werden, ob zum Zeitpunkt des Rücktritts bereits absehbar war, dass die Reise erheblich beeinträchtigt sein würde. Die bloße spätere Absage der Reise reicht hierfür nicht aus.
Das BGH-Urteil liefert wichtige Klarstellungen zur Rechtslage bei pandemiebedingten Reiserücktritten. Es bleibt abzuwarten, wie das Berufungsgericht die vom BGH geforderten Feststellungen treffen wird. Die Entscheidung dürfte jedoch wegweisend für zukünftige Fälle sein und die Rechtsprechung in diesem Bereich weiter konkretisieren.
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