Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil vom 5. Dezember 2024 (Az. 4 StR 343/24) eine wichtige Entscheidung zur Einziehung von Taterträgen bei gemeinschaftlicher Tatbegehung getroffen. Das Urteil hebt ein Urteil des Landgerichts (LG) Dortmund auf, welches die Einziehung von Taterträgen bei einem Angeklagten unterlassen hatte. Der Fall betrifft einen erpresserischen Menschenraub in Tateinheit mit weiteren schweren Straftaten.
Der Angeklagte und drei weitere Täter überfielen ein Ehepaar in deren Wohnhaus. Nach dem gemeinsamen Tatplan sollten die Geschädigten unter Verwendung einer Scheinwaffe zur Herausgabe von Wertgegenständen gezwungen werden. Die Täter überwältigten und fesselten das Ehepaar und durchsuchten das Haus nach Wertgegenständen, darunter Bargeld, Schmuck und Uhren. Der Angeklagte und ein weiterer Täter flüchteten im Fahrzeug der Geschädigten, welches später aufgefunden wurde. Bei dem Angeklagten wurde eine hochwertige Handtasche der Geschädigten sichergestellt. Das LG Dortmund verurteilte den Angeklagten zu einer Freiheitsstrafe und ordnete die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt an, unterließ jedoch die Einziehung von Taterträgen.
Die Staatsanwaltschaft legte Revision gegen das Urteil ein, da die Einziehung von Taterträgen unterblieben war. Das LG Dortmund begründete dies damit, dass nicht festgestellt werden konnte, dass der Angeklagte etwas durch die Tat erlangt habe. Es fehle an einer nachweisbaren Verfügungsgewalt über bestimmte Beutegegenstände. Die Revision rügte, dass das LG Dortmund die Anforderungen an die Verfügungsgewalt bei gemeinschaftlicher Tatbegehung zu eng ausgelegt habe.
Der BGH gab der Revision statt und hob das Urteil des LG Dortmund auf, soweit die Einziehung unterblieben war. Der BGH stellte klar, dass ein Tatertrag bereits dann "erlangt" ist, wenn der Täter in irgendeiner Phase des Tatablaufs tatsächliche Verfügungsgewalt darüber ausüben konnte. Bei mittäterschaftlichem Handeln könne die fehlende Darlegung der Erlangung tatsächlicher Mitverfügungsgewalt nicht durch die Annahme der Mittäterschaft ersetzt werden. Eine gesamtschuldnerische Haftung für die gesamte Beute könne nur angenommen werden, wenn sich die Beteiligten einig sind, dass jedem die Mitverfügungsgewalt hierüber zukommt, und er diese auch tatsächlich hatte. Dies sei jedenfalls dann der Fall, wenn der Täter ungehinderten Zugriff auf den Vermögensgegenstand nehmen konnte. Der BGH rügte zudem, dass das LG Dortmund nicht ausreichend geprüft habe, ob eine Vereinbarung über die Beuteteilung bestand. Indizien wie die vorherige Absprache, die arbeitsteilige Tatausführung und das Auffinden eines Beutestücks beim Angeklagten sprächen für eine mögliche Vereinbarung. Schließlich beanstandete der BGH, dass die Einziehung der sichergestellten Handtasche zu Unrecht unterblieben sei. Die Rückgabe an den Geschädigten nach Abschluss des Verfahrens stehe der Einziehung nicht entgegen.
Das Urteil des BGH präzisiert die Anforderungen an die Einziehung von Taterträgen bei gemeinschaftlicher Tatbegehung. Es betont die Bedeutung der tatsächlichen oder faktischen Verfügungsgewalt und verdeutlicht, dass auch eine Vereinbarung über die spätere Beuteteilung relevant sein kann. Das Urteil stärkt die Möglichkeiten der Einziehung und trägt zur effektiveren Bekämpfung der Wirtschaftskriminalität bei.
Das BGH-Urteil liefert wichtige Klarstellungen zur Einziehung von Taterträgen bei gemeinschaftlicher Tatbegehung. Es bleibt abzuwarten, wie die neue Verhandlung vor dem LG Dortmund ausgehen wird und ob die dort getroffenen Feststellungen die Voraussetzungen für eine Einziehung erfüllen. Das Urteil unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen Prüfung der Verfügungsgewalt und etwaiger Beuteteilungsabsprachen im Rahmen der Einziehungsentscheidung.
Quelle: BGH, Urteil vom 05.12.2024 - 4 StR 343/24