Einleitung: Ein kürzlich vom Bundesgerichtshof (BGH) gefälltes Urteil verdeutlicht die Auswirkungen der neuen Cannabis-Gesetzgebung auf laufende Strafverfahren, insbesondere im Jugendstrafrecht. Der Fall betrifft einen Angeklagten, der wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln und anderen Delikten verurteilt wurde. Die Revision der Staatsanwaltschaft gegen Teilfreisprüche führte zu einer Änderung des Schuldspruchs im Lichte des neuen Konsumcannabisgesetzes.
Hintergrund des Falls: Das Landgericht München II hatte den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in vier Fällen sowie wegen bewaffneten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in Tateinheit mit unerlaubtem Besitz von Betäubungsmitteln und Besitz eines verbotenen Gegenstandes verurteilt. Von weiteren Tatvorwürfen, darunter Vergewaltigung, sprach das Landgericht den Angeklagten frei. Die Staatsanwaltschaft legte Revision gegen die Freisprüche ein.
Rechtliche Fragen: Die Revision der Staatsanwaltschaft warf Fragen zur Beweiswürdigung im Zusammenhang mit den Freisprüchen auf. Darüber hinaus stellte sich aufgrund des Inkrafttretens des Konsumcannabisgesetzes die Frage nach der Notwendigkeit einer Anpassung des Schuldspruchs und der Strafzumessung.
Entscheidung und Begründung: Der BGH verwarf die Revision der Staatsanwaltschaft hinsichtlich der Freisprüche. Die Beweiswürdigung des Landgerichts, die auf Inkonstanzen in den Aussagen der Nebenklägerin und Widersprüchen zu anderen Beweismitteln beruhte, wurde als rechtsfehlerfrei angesehen. Hinsichtlich der Verurteilungen wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln änderte der BGH den Schuldspruch aufgrund der neuen Cannabis-Gesetzgebung. Die Taten wurden nun als Verstöße gegen das Konsumcannabisgesetz gewertet. Die Strafzumessung blieb jedoch unverändert, da das Landgericht die Jugendstrafe primär am Erziehungsbedarf des Angeklagten ausgerichtet hatte und dieser Bedarf durch die Gesetzesänderung nicht beeinflusst wurde.
Auswirkungen: Das Urteil verdeutlicht, wie die neue Cannabis-Gesetzgebung die Bewertung von Tathandlungen im Zusammenhang mit Cannabis verändert. Es zeigt auch, dass im Jugendstrafrecht der Erziehungsgedanke weiterhin eine zentrale Rolle spielt und die Strafzumessung maßgeblich von den individuellen Umständen des Täters abhängt.
Schlussfolgerung: Das BGH-Urteil liefert wichtige Hinweise zur Anwendung des neuen Konsumcannabisgesetzes in der Praxis. Es unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Beweiswürdigung in Sexualstrafverfahren und die Notwendigkeit, im Jugendstrafrecht den Erziehungsgedanken in den Vordergrund zu stellen. Zukünftige Entscheidungen werden zeigen, wie sich die Rechtsprechung zur Cannabis-Gesetzgebung weiterentwickelt.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.12.2024 - 1 StR 293/24