Einführung
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 30. Januar 2025 ein Urteil im Fall eines Totschlags bestätigt, bei dem das Landgericht Essen den Angeklagten wegen Totschlags in Tateinheit mit Körperverletzung verurteilt hatte. Die Revisionen der Staatsanwaltschaft, der Nebenkläger und des Angeklagten wurden verworfen. Der Fall wirft wichtige Fragen hinsichtlich der Mordmerkmale der Heimtücke und der niedrigen Beweggründe auf.
Hintergrund des Falls
Der Angeklagte erstach seine Schwiegermutter nach einer eskalierenden familiären Auseinandersetzung. Die Ehefrau des Angeklagten hatte sich von ihm getrennt und war mit den gemeinsamen Kindern zu ihren Eltern gezogen. Der Angeklagte machte die Schwiegermutter für die Trennung mitverantwortlich. Nach mehreren gescheiterten Versuchen, Geld abzuheben, fuhr er mit einem Messer zur Wohnung seiner Schwiegereltern. Dort traf er auf seine Schwiegermutter und stach mindestens 21 Mal auf sie ein. Eine weitere Person, die zufällig am Tatort war, wurde bei dem Angriff verletzt.
Rechtliche Fragen
Die zentralen rechtlichen Fragen des Falls betrafen die Anwendbarkeit des Mordmerkmals der Heimtücke. Die Staatsanwaltschaft und die Nebenkläger argumentierten, dass der Angriff heimtückisch gewesen sei, da die Schwiegermutter arglos gewesen sei. Der BGH bestätigte jedoch die Entscheidung des Landgerichts, dass die Heimtücke nicht zweifelsfrei festzustellen war. Weiterhin war strittig, ob der Angriff auf die weitere Person am Tatort als gefährliche Körperverletzung zu werten sei und ob niedrige Beweggründe vorlagen.
Entscheidung und Begründung des Gerichts
Der BGH folgte der Argumentation des Landgerichts, dass nicht auszuschließen sei, dass die Getötete den Angriff noch rechtzeitig erkannt hatte und somit nicht mehr arglos war. Das Gericht argumentierte, dass die Geschädigte noch die Möglichkeit hatte, zu reagieren und eine weitere Person zwischen sich und den Angeklagten zu bringen. Der BGH betonte, dass für die Heimtücke der Zeitpunkt des Angriffsbeginns entscheidend ist und in diesem Fall nicht zweifelsfrei festgestellt werden konnte, ob die Geschädigte zu diesem Zeitpunkt noch arglos war. Auch die Frage nach niedrigen Beweggründen verneinte der BGH, da die Wut des Angeklagten als Ausdruck seiner Verzweiflung über die Trennungssituation gewertet wurde. Der Vorsatz des Angeklagten bezüglich der Körperverletzung der weiteren Person am Tatort wurde ebenfalls verneint.
Auswirkungen
Das Urteil bekräftigt die hohe Hürde für die Feststellung von Heimtücke. Es unterstreicht die Bedeutung einer genauen Prüfung der Tatumstände, insbesondere des Zeitpunkts des Angriffsbeginns und des Bewusstseinszustands des Opfers zu diesem Zeitpunkt.
Schlussfolgerung
Der BGH hat mit seiner Entscheidung die Verurteilung des Angeklagten wegen Totschlags und Körperverletzung bestätigt. Die Ablehnung des Mordmerkmals der Heimtücke verdeutlicht die strengen Anforderungen an dessen Feststellung. Das Urteil dürfte die Rechtsprechung in ähnlichen Fällen beeinflussen und die Bedeutung einer präzisen Beweiswürdigung unterstreichen.
Quelle:
Bundesgerichtshof, Urteil vom 30. Januar 2025 - 4 StR 375/24