Einführung: Ein kürzlich vom 3. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) gefälltes Urteil verdeutlicht die Auswirkungen des neuen Konsumcannabisgesetzes (KCanG) auf laufende Strafverfahren wegen Handeltreibens mit Cannabis. Der Fall betrifft einen Angeklagten, der sowohl Marihuana als auch ein synthetisches Cannabinoid besaß.
Sachverhalt: Das Landgericht Oldenburg verurteilte den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge. Bei einer Hausdurchsuchung wurden fast 10 Kilogramm Marihuana und eine geringere Menge Pflanzenmaterial mit dem synthetischen Cannabinoid JWH-210 gefunden. Das Landgericht berücksichtigte bei der Strafzumessung mildernd, dass der Gesetzgeber ein "Umdenken" in Bezug auf Cannabis zeige.
Rechtsfragen: Der BGH musste prüfen, wie sich das am 1. April 2024 in Kraft getretene KCanG auf den Fall auswirkt. JWH-210 fällt weiterhin unter das Betäubungsmittelgesetz (BtMG). Die Frage war, ob die Verurteilung des Angeklagten aufgrund des neuen Gesetzes geändert werden musste und wie sich dies auf die Strafzumessung auswirkt.
Entscheidung und Begründung: Der BGH änderte den Schuldspruch. Der Angeklagte wurde wegen tateinheitlichen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge (JWH-210) und mit Cannabis schuldig gesprochen. Die Strafe wurde aufgehoben und die Sache an eine andere Strafkammer zurückverwiesen. Der BGH begründete dies damit, dass Cannabis nach dem KCanG nicht mehr unter das BtMG fällt. Der Besitz des Marihuanas ist nun nach dem KCanG zu beurteilen, während das JWH-210 weiterhin unter das BtMG fällt. Die Gesamtbewertung der Taten nach dem KCanG und BtMG ermöglicht eine mildere Bestrafung. Der BGH rügte zudem die Erwägung des Landgerichts zum "Umdenken" des Gesetzgebers. Diese sei unzulässig, da die Strafzumessung sich an der individuellen Schuld des Angeklagten orientieren muss, nicht an Gesetzesvorhaben. Weiterhin kritisierte der BGH, dass das Landgericht die nicht geringe Menge des JWH-210 bei der Strafzumessung nicht ausreichend berücksichtigt habe.
Auswirkungen: Das Urteil verdeutlicht die unmittelbare Anwendung des KCanG auf laufende Verfahren. Es zeigt auch die Bedeutung der korrekten Anwendung der neuen Gesetzeslage bei der Beurteilung von Taten, die sowohl Cannabis als auch andere Betäubungsmittel betreffen. Die Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen und individuellen Strafzumessung unter Berücksichtigung aller relevanten Faktoren.
Schlussfolgerung: Das Urteil des BGH bietet wichtige Hinweise für die Rechtsprechung im Umgang mit Fällen, die von der Gesetzesänderung betroffen sind. Es betont die Notwendigkeit einer genauen Prüfung der jeweiligen Tatbestände und eine korrekte Anwendung des Günstigkeitsgrundsatzes. Die Entscheidung dürfte die Praxis der Strafverfolgung und -zumessung in ähnlichen Fällen beeinflussen.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 11.12.2024 - 3 StR 231/24 (abgerufen vom deutschen Recht Ministerium)