Einführung: Ein kürzlich ergangenes Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) vom 30. September 2024 (Az. PatAnwZ 1/23) klärt wichtige Fragen zum Erlass von Prüfungsleistungen für europäische Patentanwälte in Deutschland. Der Fall betrifft einen in Italien zugelassenen Patentanwalt, der die Gleichwertigkeit seiner Berufsqualifikation feststellen lassen und Prüfungsleistungen erlassen bekommen wollte.
Der Kläger, ein in Italien zugelassener Patentanwalt ("Consulente in Brevetti"), beantragte beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) die Feststellung der Gleichwertigkeit seiner Berufsqualifikation und den teilweisen Erlass von Prüfungsleistungen für die deutsche Patentanwaltsprüfung. Er argumentierte, aufgrund seiner Ausbildung und Berufserfahrung bereits über die erforderlichen Kenntnisse im deutschen Patentrecht zu verfügen. Das DPMA lehnte den Antrag ab, woraufhin der Kläger Klage erhob.
Im Mittelpunkt des Rechtsstreits standen folgende Fragen:
Der BGH gab der Berufung des Klägers statt und hob die Entscheidungen der Vorinstanzen auf. Das Gericht entschied, dass der Kläger einen Anspruch auf Erlass der Prüfungsleistungen im materiellen Patentrecht hat. Zur Begründung führte der BGH aus, dass das materielle Patentrecht in der Europäischen Union weitgehend harmonisiert sei und die italienische Ausbildung des Klägers die erforderlichen Kenntnisse vermittle. Der BGH betonte, dass die nationale Rechtsprechung zwar das harmonisierte Patentrecht weiter ausforme, dies aber der grundsätzlichen Vereinheitlichung nicht entgegenstehe.
Weiterhin stellte der BGH klar, dass für den Erlass der Prüfungsleistungen im materiellen Patentrecht kein zusätzlicher Nachweis von Kenntnissen im Patentverfahrensrecht erforderlich sei. Das Gericht argumentierte, dass die Vorschriften zum Erlass von Prüfungsleistungen eine getrennte Betrachtung von materiellem und verfahrensrechtlichem Recht zulassen.
Das Urteil des BGH hat Bedeutung für die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen im Bereich des Patentrechts. Es stärkt die Position von in anderen EU-Mitgliedstaaten zugelassenen Patentanwälten, die in Deutschland tätig werden wollen. Das Urteil verdeutlicht, dass die Harmonisierung des materiellen Patentrechts innerhalb der EU bei der Anerkennung von Berufsqualifikationen berücksichtigt werden muss.
Das BGH-Urteil liefert eine wichtige Klarstellung zum Erlass von Prüfungsleistungen für europäische Patentanwälte. Es unterstreicht die Bedeutung der Harmonisierung des Patentrechts in der EU und erleichtert die Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen. Es bleibt abzuwarten, wie sich diese Rechtsprechung in der Praxis auswirken wird.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 30. September 2024, Az. PatAnwZ 1/23 (abrufbar über die Website des Bundesgerichtshofs oder juris)