Einführung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem kürzlich ergangenen Urteil vom 10. Dezember 2024 (Az. VIa ZR 350/22) entschieden, dass Käufer von Fahrzeugen mit unzulässigen Abschalteinrichtungen, sogenannten Thermofenstern, unter Umständen Anspruch auf Differenzschadenersatz haben. Diese Entscheidung hat weitreichende Bedeutung für die Rechtsprechung im Abgasskandal.
Die Klägerin erwarb im Januar 2014 einen gebrauchten Mercedes-Benz GLK 250 Blue TEC 4MATIC mit einem Dieselmotor der Baureihe OM 651 (Schadstoffklasse Euro 6). Das Fahrzeug verfügte über ein Thermofenster, das die Abgasrückführung temperaturabhängig steuert und bei kühleren Temperaturen reduziert. Die Klägerin klagte auf Schadensersatz, verlangte den Kaufpreis abzüglich Nutzungsentschädigung zurück und stellte die Erledigung weiterer ursprünglicher Anträge fest. Zusätzlich verlangte sie die Feststellung des Annahmeverzugs der Beklagten.
Zentrale Fragen des Verfahrens waren, ob das Thermofenster eine unzulässige Abschalteinrichtung darstellt und ob die Beklagte hierfür haftbar gemacht werden kann. Insbesondere wurde geprüft, ob ein Anspruch aus § 826 BGB (vorsätzliche sittenwidrige Schädigung) oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV (Verstoß gegen Schutzgesetze) besteht.
Der BGH hob das Urteil des Oberlandesgerichts Zweibrücken auf und verwies die Sache zurück. Während der BGH die Haftung aus § 826 BGB verneinte, bestätigte er die Möglichkeit eines Anspruchs auf Differenzschadenersatz gemäß § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV. Der BGH stellte klar, dass die genannten Bestimmungen der EG-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sind und das Interesse des Käufers schützen, keine Vermögenseinbußen durch unzulässige Abschalteinrichtungen zu erleiden. Das Berufungsgericht hatte diesen Aspekt nicht berücksichtigt und der Klägerin keine Gelegenheit gegeben, einen Differenzschaden darzulegen.
Das Urteil stärkt die Rechte der Käufer von Fahrzeugen mit Thermofenstern. Es eröffnet ihnen die Möglichkeit, Differenzschadenersatz zu fordern, wenn das Fahrzeug aufgrund der Abschalteinrichtung weniger wert ist als ohne. Die Entscheidung dürfte weitere Klagen im Abgasskandal nach sich ziehen.
Der BGH hat mit diesem Urteil die Rechtsprechung im Abgasskandal präzisiert. Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte im Einzelfall die Voraussetzungen für einen Differenzschadenersatz auslegen werden. Das Urteil unterstreicht die Bedeutung des Verbraucherschutzes im Zusammenhang mit unzulässigen Abschalteinrichtungen.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 10. Dezember 2024 - VIa ZR 350/22 (abrufbar über die Website des Bundesgerichtshofs).