Einführung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 03.12.2024 ein wichtiges Urteil (VIa ZR 942/22) zu Schadensersatzansprüchen im Zusammenhang mit unzulässigen Abschalteinrichtungen in Dieselfahrzeugen gefällt. Die Entscheidung präzisiert die Rechtslage hinsichtlich der Haftung von Fahrzeugherstellern und bietet Klägern neue Möglichkeiten, Schadensersatzansprüche geltend zu machen.
Der Kläger erwarb im Jahr 2013 einen Mercedes-Benz GLK 220 CDI 4Matic mit einem Dieselmotor der Baureihe OM 651 DE LA 22 (Schadstoffklasse Euro 5). Das Fahrzeug war von einem Rückruf des Kraftfahrt-Bundesamtes wegen einer unzulässigen Abschalteinrichtung betroffen. Der Kläger verlangte daraufhin Schadensersatz, unter anderem die Erstattung des Kaufpreises abzüglich gezogener Nutzungen. Landgericht und Oberlandesgericht wiesen die Klage ab.
Zentrale Frage war, ob dem Kläger Schadensersatzansprüche aus § 826 BGB (sittenwidrige Schädigung) oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV (Verstoß gegen Schutzgesetze) zustehen. Das Berufungsgericht verneinte beides. Insbesondere sah es die EG-FGV nicht als vermögensschützend an.
Der BGH hob die Entscheidung des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zurück. Er bestätigte zwar die Entscheidung des Berufungsgerichts hinsichtlich § 826 BGB, da keine Sittenwidrigkeit festgestellt wurde. Hinsichtlich des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV stellte der BGH jedoch klar, dass diese Vorschriften Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB darstellen und das Vermögen des Käufers schützen. Ein Anspruch auf den sogenannten "großen Schadensersatz" (volle Kaufpreiserstattung) wurde zwar verneint, jedoch könne dem Kläger ein Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens zustehen, also der Wertminderung des Fahrzeugs aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung.
Das Urteil stärkt die Rechte von Käufern betroffener Fahrzeuge. Es eröffnet ihnen die Möglichkeit, den sogenannten "kleinen Schadensersatz" geltend zu machen, wenn sie durch den Einbau der unzulässigen Abschalteinrichtung einen finanziellen Nachteil erlitten haben. Das Urteil dürfte zu einer Vielzahl weiterer Klagen führen.
Die Entscheidung des BGH schafft Klarheit über die Anwendbarkeit des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. der EG-FGV bei unzulässigen Abschalteinrichtungen. Betroffene Käufer haben nun eine bessere Grundlage, um ihre Schadensersatzansprüche durchzusetzen. Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte die Berechnung des Differenzschadens in der Praxis handhaben werden.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.12.2024 - VIa ZR 942/22 (abrufbar über die Website des Bundesgerichtshofs).