Einleitung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 20. November 2024 ein wichtiges Urteil (VIa ZR 538/23) zu Schadensersatzansprüchen im Zusammenhang mit unzulässigen Abschalteinrichtungen in Dieselfahrzeugen gefällt. Das Urteil verdeutlicht die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV und präzisiert die Rechtsprechung zu Thermofenstern und Fahrkurvenerkennung.
Der Kläger erwarb im Oktober 2017 einen gebrauchten VW Golf Sportsvan mit Dieselmotor der Baureihe EA 288 (Euro 6). Er klagte gegen den Hersteller auf Schadensersatz und verlangte im Wesentlichen die Rückabwicklung des Kaufvertrags. Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht wiesen die Klage ab.
Zentrale Rechtsfragen waren, ob der Einbau von Thermofenstern und Fahrkurvenerkennung eine sittenwidrige Schädigung nach §§ 826, 31 BGB darstellt und ob ein Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV besteht. Das Berufungsgericht verneinte beides.
Der BGH bestätigte die Entscheidung des Berufungsgerichts hinsichtlich der Sittenwidrigkeit. Thermofenster und Fahrkurvenerkennung seien im Straßenbetrieb unter gleichen Bedingungen wie auf dem Prüfstand funktionsfähig, was gegen eine sittenwidrige Schädigung spreche. Bezüglich der Fahrkurvenerkennung fehle es zudem an der Darlegung der Grenzwertkausalität.
Hinsichtlich des Anspruchs nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV hob der BGH das Berufungsurteil jedoch auf. Er bestätigte seine frühere Rechtsprechung, wonach diese Normen Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB darstellen und das Interesse des Käufers schützen, keine Vermögenseinbuße durch den Kauf eines Fahrzeugs mit unzulässiger Abschalteinrichtung zu erleiden. Das Berufungsgericht habe dem Kläger jedoch keine Gelegenheit gegeben, einen etwaigen Differenzschaden darzulegen und zu dessen Höhe vorzutragen. Die Sache wurde zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Das Urteil bekräftigt die Bedeutung des § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV als Grundlage für Schadensersatzansprüche bei unzulässigen Abschalteinrichtungen. Es verdeutlicht, dass Geschädigte einen Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens haben können. Die Entscheidung dürfte weitere Klagen von Dieselfahrzeughaltern nach sich ziehen.
Der BGH hat mit seinem Urteil wichtige Klarstellungen zur Haftung von Fahrzeugherstellern bei unzulässigen Abschalteinrichtungen getroffen. Die Entscheidung stärkt die Rechte der Verbraucher und dürfte die Rechtsprechung in diesem Bereich maßgeblich beeinflussen. Es bleibt abzuwarten, wie das Berufungsgericht im konkreten Fall entscheiden wird und welche Auswirkungen das Urteil auf zukünftige Verfahren haben wird.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 20. November 2024 - VIa ZR 538/23