Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem kürzlich ergangenen Urteil vom 4. Februar 2025 (Az. VIa ZR 1201/22) entschieden, dass einem Kläger, der ein Fahrzeug mit einer unzulässigen Abschalteinrichtung erworben hat, unter Umständen ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV zustehen kann. Das Urteil verdeutlicht die Bedeutung des Schutzes von Verbrauchern vor Manipulationen im Zusammenhang mit Abgasemissionen und präzisiert die Rechtsprechung zu Schadensersatzansprüchen in solchen Fällen.
Der Kläger erwarb im Februar 2015 einen gebrauchten Mercedes-Benz C 220 CDI mit einem von der Beklagten hergestellten Motor der Baureihe OM 651. Er klagte gegen den Hersteller auf Schadensersatz, da das Fahrzeug angeblich unzulässige Abschalteinrichtungen enthielt, darunter ein sogenanntes Thermofenster sowie weitere Funktionen wie "Slipguard" und "Bit 13-15". Die Klage war in den Vorinstanzen erfolglos geblieben.
Zentrale Rechtsfrage war, ob dem Kläger ein Schadensersatzanspruch aus §§ 826, 31 BGB oder § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV zustand. Das Landgericht hatte die Klage abgewiesen, da es weder eine vorsätzliche sittenwidrige Schädigung noch eine Verletzung von Schutzgesetzen sah. Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Der BGH hatte bereits in einem früheren Urteil (BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21) entschieden, dass die genannten EG-FGV-Vorschriften Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB darstellen.
Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zurück. Er bestätigte zwar die Ablehnung eines Anspruchs auf "großen" Schadensersatz, stellte aber klar, dass ein Anspruch auf Ersatz des sogenannten Differenzschadens nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV bestehen kann. Das Berufungsgericht habe dem Kläger keine Gelegenheit gegeben, einen solchen Schaden darzulegen und keine Feststellungen zu einer möglichen deliktischen Haftung der Beklagten wegen fahrlässigen Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung getroffen.
Das Urteil stärkt die Rechte von Verbrauchern, die Fahrzeuge mit unzulässigen Abschalteinrichtungen erworben haben. Es eröffnet ihnen die Möglichkeit, einen Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens geltend zu machen, der durch den Wertverlust des Fahrzeugs aufgrund der Manipulation entstanden ist. Das Urteil präzisiert die Rechtsprechung zu Schadensersatzansprüchen in diesen Fällen und dürfte weitere Klagen nach sich ziehen.
Das BGH-Urteil ist ein wichtiger Schritt im Kampf gegen unzulässige Abschalteinrichtungen und stärkt den Verbraucherschutz. Es bleibt abzuwarten, wie das Berufungsgericht im weiteren Verfahren die Voraussetzungen und den Umfang einer Haftung der Beklagten feststellen wird. Die Entscheidung dürfte erhebliche Auswirkungen auf die Automobilindustrie und die Rechtsprechung in diesem Bereich haben.