Ein Beitrag von Rechtsanwältin Dr. Sarah Müller
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil vom 3. Dezember 2024 (Az. VIa ZR 648/22) erneut die Rechte von Käufern von Fahrzeugen mit unzulässigen Abschalteinrichtungen gestärkt. Das Urteil knüpft an die bereits etablierte Rechtsprechung des BGH zu dieser Thematik an und präzisiert die Möglichkeiten der Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen.
Der Kläger erwarb im Januar 2011 von der beklagten Fahrzeugherstellerin einen Mercedes-Benz C 220 CDI mit Dieselmotor der Baureihe OM 651 (Schadstoffklasse Euro 5). Er klagte sowohl auf Grundlage von kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüchen als auch wegen deliktischer Schädigung durch das Inverkehrbringen des Fahrzeugs mit unzulässiger Abschalteinrichtung. Das Landgericht und das Oberlandesgericht wiesen die Klage ab. Der BGH hob das Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart (Az. 24 U 5/21) teilweise auf und verwies die Sache zurück.
Der BGH bestätigte seine frühere Rechtsprechung, wonach die Bestimmungen der §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB darstellen. Diese schützen das Interesse des Fahrzeugkäufers, keine Vermögenseinbuße durch den Erwerb eines Fahrzeugs mit unzulässiger Abschalteinrichtung zu erleiden. Der BGH stellte klar, dass dem Kläger zwar kein Anspruch auf sogenannten "großen Schadensersatz" (Erstattung des Kaufpreises gegen Rückgabe des Fahrzeugs) zusteht, jedoch ein Anspruch auf Ersatz des erlittenen Differenzschadens (Wertminderung des Fahrzeugs durch die Abschalteinrichtung) nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV möglich ist.
Der BGH hob das Urteil des Oberlandesgerichts auf, da dieses dem Kläger keine Gelegenheit gegeben hatte, einen Differenzschaden darzulegen und keine Feststellungen zu einer deliktischen Haftung der Beklagten wegen des zumindest fahrlässigen Einbaus der unzulässigen Abschalteinrichtung getroffen hatte. Die Sache wurde zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Oberlandesgericht zurückverwiesen.
Das Urteil bekräftigt die Rechte der Käufer von Fahrzeugen mit unzulässigen Abschalteinrichtungen und verdeutlicht, dass ihnen auch bei Ablehnung des "großen Schadensersatzes" ein Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens zustehen kann. Es unterstreicht die Bedeutung der §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV als Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB und setzt die Linie der bisherigen Rechtsprechung des BGH fort.
Das Urteil des BGH liefert wichtige Klarstellungen für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im Zusammenhang mit unzulässigen Abschalteinrichtungen. Betroffene Käufer sollten ihre Ansprüche sorgfältig prüfen lassen und gegebenenfalls einen Differenzschaden geltend machen. Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung in diesem Bereich bleibt abzuwarten.