Einleitung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 3. Dezember 2024 (Az. VIa ZR 915/22) entschieden, dass Käufer von Fahrzeugen mit unzulässigen Abschalteinrichtungen unter Umständen Anspruch auf Differenzschadenersatz haben. Das Urteil präzisiert die Rechtsprechung zu Schadensersatzansprüchen im Zusammenhang mit Diesel-Abgasskandal und hat weitreichende Bedeutung für betroffene Fahrzeughalter.
Der Kläger erwarb im Jahr 2016 ein gebrauchtes Fahrzeug des Herstellers Mercedes-Benz, welches mit einem Dieselmotor der Baureihe OM 651 ausgestattet war. Aufgrund des Vorhandenseins einer unzulässigen Abschalteinrichtung klagte der Kläger auf Schadensersatz, unter anderem auf Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung. Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht wiesen die Klage ab.
Zentrale Frage des Verfahrens war, ob dem Kläger ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV zusteht. Das Berufungsgericht hatte dies verneint, da es die genannten Vorschriften nicht als Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB ansah.
Der BGH hob die Entscheidung des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zurück. Der Senat bestätigte seine frühere Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21), wonach die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV sehr wohl Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB darstellen und die Interessen des Fahrzeugkäufers schützen. Demnach kann dem Käufer ein Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens zustehen, der durch den Wertverlust des Fahrzeugs aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung entstanden ist.
Der BGH stellte klar, dass zwar kein Anspruch auf sogenannten "großen" Schadensersatz (Erstattung des Kaufpreises abzüglich Nutzungsentschädigung) besteht, jedoch ein Anspruch auf Ersatz des "kleinen" Schadensersatzes, also des Differenzschadens, möglich ist. Das Berufungsgericht hatte dem Kläger keine Gelegenheit gegeben, diesen Schaden darzulegen und zu beziffern.
Das Urteil stärkt die Rechte der Käufer von Fahrzeugen mit unzulässigen Abschalteinrichtungen. Es eröffnet ihnen die Möglichkeit, den durch die Manipulation entstandenen Wertverlust ihres Fahrzeugs ersetzt zu bekommen. Das Urteil dürfte zu einer weiteren Zunahme von Klagen im Zusammenhang mit dem Diesel-Abgasskandal führen.
Der BGH hat mit diesem Urteil die Rechtsprechung zu Schadensersatzansprüchen im Abgasskandal weiter konkretisiert. Betroffene Fahrzeughalter haben nun die Möglichkeit, Differenzschadenersatz geltend zu machen. Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte in den einzelnen Fällen die Höhe des Differenzschadens bestimmen werden.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.12.2024 - VIa ZR 915/22 (veröffentlicht auf der Website des Bundesgerichtshofs)