Einleitung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 27. November 2024 (Az. VIa ZR 437/22) entschieden, dass Käufer von Fahrzeugen mit unzulässigen Abschalteinrichtungen unter Umständen Anspruch auf Differenzschadenersatz haben. Das Urteil hebt eine vorherige Entscheidung des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg auf und verweist die Sache zur erneuten Verhandlung zurück.
Der Kläger erwarb im Jahr 2012 einen neuen Audi A5 Coupé 3.0 TDI mit einem V6-Turbo-Dieselmotor der Baureihe EA 896 Gen2. Er klagte gegen den Hersteller auf Schadensersatz, da das Fahrzeug eine unzulässige Abschalteinrichtung ("Thermofenster") enthielt. Sowohl das Landgericht Hamburg als auch das Hanseatische Oberlandesgericht wiesen die Klage ab.
Kern der rechtlichen Auseinandersetzung war die Frage, ob dem Kläger neben dem sogenannten "großen" Schadensersatz (Rückabwicklung des Kaufvertrags) auch ein Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens zusteht. Das Berufungsgericht hatte einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV nicht geprüft.
Der BGH hob die Entscheidung des Berufungsgerichts auf. Er bestätigte seine frühere Rechtsprechung (BGH, Urteil vom 26. Juni 2023 - VIa ZR 335/21), dass die Bestimmungen der § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB darstellen und das Interesse des Käufers schützen, keine Vermögenseinbuße durch unzulässige Abschalteinrichtungen zu erleiden. Demnach kann dem Kläger ein Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens zustehen, der den Wertverlust des Fahrzeugs aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung darstellt.
Das Urteil hat erhebliche Bedeutung für die Rechtsprechung zu Abschalteinrichtungen. Es stärkt die Position der Käufer und eröffnet ihnen die Möglichkeit, neben der Rückabwicklung des Kaufvertrags auch den Differenzschaden geltend zu machen. Dies könnte zu einer weiteren Welle von Klagen führen.
Der BGH hat mit seinem Urteil klargestellt, dass Käufer von Fahrzeugen mit unzulässigen Abschalteinrichtungen Anspruch auf Differenzschadenersatz haben können. Das Berufungsgericht muss nun im wiedereröffneten Verfahren die Voraussetzungen und den Umfang einer Haftung des Herstellers prüfen und dem Kläger Gelegenheit geben, einen entsprechenden Schaden darzulegen. Die weitere Entwicklung der Rechtsprechung in diesem Bereich bleibt abzuwarten.
Quelle: Pressemitteilung des Bundesgerichtshofs zum Urteil vom 27. November 2024 (Az. VIa ZR 437/22).