Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 3. Dezember 2024 (Az. VIa ZR 261/22) entschieden, dass Käufer von Fahrzeugen mit unzulässigen Abschalteinrichtungen unter Umständen Anspruch auf Differenzschadenersatz nach § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV haben. Das Urteil präzisiert die Rechtsprechung des BGH zu diesem Thema und bietet Klägern neue Möglichkeiten.
Der Kläger erwarb im Jahr 2017 einen gebrauchten Mercedes-Benz E 250 BlueTEC 4MATIC mit einem Dieselmotor der Baureihe OM 651 (Schadstoffklasse Euro 6). Das Fahrzeug war von der Beklagten hergestellt worden und enthielt eine unzulässige Abschalteinrichtung. Der Kläger verlangte vom Hersteller Schadensersatz, unter anderem die Erstattung des Kaufpreises abzüglich einer Nutzungsentschädigung. Sowohl das Landgericht als auch das Oberlandesgericht wiesen die Klage ab.
Zentrale Frage des Verfahrens war, ob dem Kläger ein Schadensersatzanspruch gegen den Hersteller zusteht. Das Berufungsgericht verneinte dies, da es weder eine sittenwidrige Schädigung nach § 826 BGB noch einen Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB in Verbindung mit der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 sah.
Der BGH hob das Urteil des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zurück. Der BGH bestätigte zwar die Auffassung des Berufungsgerichts, dass kein Anspruch auf „großen“ Schadensersatz besteht. Er stellte jedoch klar, dass § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB darstellen. Demnach könne dem Käufer ein Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens zustehen, also der Differenz zwischen dem gezahlten Kaufpreis und dem Wert des Fahrzeugs mit der unzulässigen Abschalteinrichtung. Das Berufungsgericht habe dem Kläger keine Gelegenheit gegeben, diesen Schaden darzulegen und zu beziffern.
Das Urteil stärkt die Rechte der Käufer von Fahrzeugen mit unzulässigen Abschalteinrichtungen. Es eröffnet ihnen die Möglichkeit, Differenzschadenersatz zu verlangen, auch wenn kein Anspruch auf den vollen Kaufpreis besteht. Das Urteil dürfte zahlreiche weitere Verfahren beeinflussen.
Der BGH hat mit diesem Urteil die Rechtsprechung zu den Abschalteinrichtungen weiterentwickelt und die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch präzisiert. Es bleibt abzuwarten, wie das Berufungsgericht im konkreten Fall entscheiden und wie sich die Rechtsprechung in Zukunft entwickeln wird. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung des Schutzes der Käufer vor Manipulationen im Zusammenhang mit Abgaswerten.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 03.12.2024 - VIa ZR 261/22 (abrufbar über die Website des Bundesgerichtshofs)