Einleitung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem kürzlich veröffentlichten Urteil vom 27. November 2024 (Az. VIa ZR 11/22) entschieden, dass Käufer von Fahrzeugen mit unzulässigen Abschalteinrichtungen unter Umständen Anspruch auf Differenzschadenersatz haben. Dieses Urteil präzisiert die Rechtsprechung zu Schadensersatzansprüchen im Zusammenhang mit dem Dieselskandal und hat weitreichende Bedeutung für betroffene Fahrzeughalter.
Der Kläger erwarb im Mai 2015 ein gebrauchtes Fahrzeug des Herstellers, welches mit einem Dieselmotor der Baureihe N47 und der Schadstoffklasse Euro 5 ausgestattet war. Er klagte gegen den Hersteller auf Schadensersatz in Höhe des Kaufpreises abzüglich Nutzungsentschädigung, Zug um Zug gegen Rückgabe des Fahrzeugs. Das Landgericht und das Oberlandesgericht wiesen die Klage ab. Der BGH hob das Urteil des Oberlandesgerichts teilweise auf und verwies die Sache zurück.
Kern der rechtlichen Auseinandersetzung war die Frage, ob dem Kläger ein Schadensersatzanspruch aufgrund des Vorhandenseins einer unzulässigen Abschalteinrichtung zusteht. Das Berufungsgericht hatte eine Haftung des Herstellers nach §§ 826, 31 BGB sowie nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV verneint.
Der BGH bestätigte die Entscheidung des Berufungsgerichts hinsichtlich der Haftung nach §§ 826, 31 BGB. Bezüglich der Haftung nach § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 6 Abs. 1, § 27 Abs. 1 EG-FGV hob der BGH das Urteil jedoch auf. Er stellte klar, dass diese Bestimmungen Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB darstellen und das Interesse des Käufers schützen, keine Vermögenseinbuße durch den Kauf eines Fahrzeugs mit unzulässiger Abschalteinrichtung zu erleiden. Zwar sei ein Anspruch auf „großen“ Schadensersatz (voller Kaufpreis abzüglich Nutzungsentschädigung) ausgeschlossen, jedoch könne ein Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens bestehen. Da das Berufungsgericht dies nicht geprüft hatte, wurde die Sache zurückverwiesen.
Das Urteil des BGH stärkt die Position der Käufer von Fahrzeugen mit unzulässigen Abschalteinrichtungen. Es eröffnet ihnen die Möglichkeit, Differenzschaden geltend zu machen, der sich aus der Wertminderung des Fahrzeugs aufgrund der Manipulation ergibt. Dies erfordert jedoch eine detaillierte Darlegung und Berechnung des konkreten Schadens.
Die Entscheidung des BGH präzisiert die Rechtslage im Dieselskandal und bietet betroffenen Käufern eine weitere Möglichkeit, Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Es bleibt abzuwarten, wie die Gerichte in den zurückverwiesenen Verfahren den Differenzschaden konkret bewerten werden.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 27. November 2024 - VIa ZR 11/22 (abrufbar über die Website des Bundesgerichtshofs)