Einführung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem Urteil vom 11. Dezember 2024 (Az. 3 StR 185/24) die Revisionen der Nebenklägerinnen und des Angeklagten in einem Totschlagsfall für begründet erklärt. Das Urteil des Landgerichts Oldenburg wurde aufgehoben und die Sache zur Neuverhandlung an das Landgericht Osnabrück zurückverwiesen. Der Fall wirft wichtige Fragen hinsichtlich der Mordmerkmale der Heimtücke und der Berücksichtigung des Nachtatverhaltens bei der Strafzumessung auf.
Der Angeklagte wurde vom Landgericht Oldenburg wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von zehn Jahren verurteilt. Die Tat ereignete sich im Juni 2023 nach einem Streit zwischen dem Angeklagten und dem Opfer, mit dem er zuvor eine intime Beziehung geführt hatte. Das Landgericht sah das Mordmerkmal der Heimtücke als nicht erfüllt an, da das Opfer den Angeklagten zuvor in den Finger gebissen hatte und somit nicht mehr arglos gewesen sei. Es ging von einer erheblich verminderten Steuerungsfähigkeit des Angeklagten aus.
Die Revisionen der Nebenklägerinnen und des Angeklagten führten zu einer Überprüfung des Urteils durch den BGH. Die Nebenklägerinnen argumentierten, dass das Mordmerkmal der Heimtücke vorliege. Der Angeklagte rügte die Berücksichtigung seines Nachtatverhaltens bei der Strafzumessung.
Der BGH gab den Revisionen statt. Er stellte fest, dass das Landgericht den Heimtückebegriff zu eng ausgelegt habe. Auch wenn das Opfer den Angeklagten gebissen habe, könne Heimtücke vorliegen, wenn die Zeitspanne zwischen dem Verlust der Arglosigkeit und dem Angriff zu kurz war, um sich zu verteidigen. Dies müsse im neuen Verfahren geprüft werden. Weiterhin rügte der BGH die Berücksichtigung der Spurenbeseitigung als strafschärfenden Umstand. Die Reinigung der Wohnung und des Tatmessers stelle keine qualifizierte Spurenbeseitigung dar und dürfe nicht zu einer höheren Strafe führen.
Das Urteil des BGH verdeutlicht die Bedeutung einer genauen Prüfung der Mordmerkmale, insbesondere der Heimtücke, in Beziehungstaten. Es betont auch die Grenzen der Berücksichtigung des Nachtatverhaltens bei der Strafzumessung. Die Entscheidung kann Auswirkungen auf zukünftige Fälle mit ähnlicher Sachlage haben.
Der BGH hob das Urteil des Landgerichts Oldenburg auf und verwies die Sache zur Neuverhandlung an das Landgericht Osnabrück. Im neuen Verfahren muss das Landgericht die Mordmerkmale, insbesondere die Heimtücke, unter Berücksichtigung der Ausführungen des BGH erneut prüfen und eine neue Strafzumessung ohne Berücksichtigung der einfachen Spurenbeseitigung vornehmen.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 11. Dezember 2024 (Az. 3 StR 185/24)