Einleitung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil die Revision der Staatsanwaltschaft im Fall eines mutmaßlichen Drogenhandels für begründet erklärt und das Urteil des Landgerichts Chemnitz aufgehoben. Der Fall verdeutlicht die Herausforderungen der Beweisführung bei der Nutzung verschlüsselter Kommunikation.
Hintergrund des Falls: Das Landgericht Chemnitz hatte den Angeklagten wegen Besitzes von Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge verurteilt, ihn jedoch vom Vorwurf des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in drei Fällen freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft warf dem Angeklagten vor, unter Verwendung eines Krypto-Handys der Marke EncroChat mit der Kennung "s. " Drogenhandel betrieben zu haben. Konkret ging es um den Erwerb von Kokain, eine Anfrage zum Kauf von Kokain und die Bestellung von Marihuana im Zeitraum von März bis April 2020.
Rechtliche Probleme: Die zentrale Frage im Verfahren war die Zuordnung der EncroChat-Kennung "s. " zum Angeklagten. Das Landgericht hatte Zweifel an der Identität des Nutzers und sprach den Angeklagten frei. Die Staatsanwaltschaft rügte diese Entscheidung mit der Revision.
Entscheidung und Begründung des BGH: Der BGH hob den Freispruch auf und verwies die Sache zur erneuten Verhandlung an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurück. Die Richter kritisierten die Beweiswürdigung des Landgerichts als fehlerhaft. Das Landgericht habe die Indizien, die für eine Zuordnung der EncroChat-Kennung zum Angeklagten sprachen, isoliert betrachtet und nicht in einer Gesamtschau gewürdigt. Indizien wie örtliche Bezüge zum Wohnort des Angeklagten, die Anzahl seiner Kinder und die Mitteilung seiner Mobilfunknummer wurden vom Landgericht einzeln entkräftet, ohne ihre Bedeutung im Gesamtkontext zu berücksichtigen. Der BGH betonte, dass die Gesamtheit der Indizien hätte gewürdigt werden müssen, bevor der Zweifelssatz Anwendung finden kann.
Auswirkungen: Das Urteil unterstreicht die Bedeutung einer umfassenden Beweiswürdigung, insbesondere bei der Auswertung von Daten aus verschlüsselter Kommunikation. Die isolierte Betrachtung einzelner Indizien kann zu Fehlurteilen führen. Der Fall wird nun erneut vor dem Landgericht verhandelt werden müssen.
Schlussfolgerung: Die Entscheidung des BGH verdeutlicht die Komplexität der Beweisführung in Fällen, die mit verschlüsselter Kommunikation in Verbindung stehen. Die Gerichte müssen sorgfältig alle verfügbaren Indizien in einer Gesamtschau würdigen, um eine gerechte Entscheidung zu treffen. Die erneute Verhandlung vor dem Landgericht wird zeigen, ob die Staatsanwaltschaft ihre Vorwürfe gegen den Angeklagten letztlich beweisen kann.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 18.11.2024 - 5 StR 348/24