Einführung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat am 15. Januar 2025 einem Revisionsantrag der Staatsanwaltschaft im Fall eines verurteilten Sexualstraftäters stattgegeben. Das Urteil des Landgerichts Frankfurt am Main vom 20. Dezember 2023 wurde teilweise aufgehoben und die Sache zur Neuverhandlung zurückverwiesen.
Hintergrund des Falls: Das Landgericht Frankfurt hatte den Angeklagten wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in sieben Fällen, davon in drei Fällen in Tateinheit mit Herstellen kinderpornografischer Schriften, wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern in vier Fällen und wegen Herstellens jugendpornographischer Schriften verurteilt. Die Taten richteten sich gegen eine am 13. April 2005 geborene Nebenklägerin und wurden zwischen dem 1. Januar 2014 und dem 23. Oktober 2019 begangen. Im Fall 4 der Anklage wurde der Angeklagte freigesprochen.
Rechtliche Probleme: Die Staatsanwaltschaft rügte die Verletzung materiellen Rechts im Hinblick auf den "Rechtsfolgenausspruch" und den Teilfreispruch. Der BGH präzisierte das Angriffsziel der Revision dahingehend, dass die Einzelstrafen in den Fällen II.1 bis II.9 und II.11 der Urteilsgründe, die Gesamtstrafe und der Teilfreispruch angefochten wurden. Die Revision der Staatsanwaltschaft hatte in diesen Punkten Erfolg.
Entscheidung und Begründung: Der BGH hob die angegriffenen Einzelstrafen und die Gesamtstrafe auf, da die Annahme des Landgerichts, die Voraussetzungen eines Täter-Opfer-Ausgleichs seien gegeben, rechtlich fehlerhaft war. Das Urteil enthielt keine ausreichenden Feststellungen dazu, ob die Geschädigte die Leistungen des Angeklagten als friedensstiftenden Ausgleich akzeptiert hatte. Darüber hinaus hob der BGH den Teilfreispruch auf, da die Strafkammer überspannte Anforderungen an die Individualisierung einzelner in Serie begangener sexueller Missbrauchshandlungen gestellt hatte. Die Aussage der Geschädigten im Ermittlungsverfahren ließ nach Ansicht des BGH die Feststellung weiterer Missbrauchsfälle zu.
Auswirkungen: Die Entscheidung des BGH verdeutlicht die Bedeutung der sorgfältigen Prüfung der Voraussetzungen eines Täter-Opfer-Ausgleichs im Strafverfahren. Sie unterstreicht zudem die Notwendigkeit einer differenzierten Betrachtung der Individualisierung von Straftaten bei Serien-Sexualdelikten gegen Kinder, um unberechtigte Freisprüche zu vermeiden.
Schlussfolgerung: Der Fall wird nun an eine andere Strafkammer des Landgerichts Frankfurt zurückverwiesen. Es bleibt abzuwarten, wie das Landgericht die Vorgaben des BGH in der neuen Verhandlung umsetzen wird und welche Strafe der Angeklagte letztendlich erhalten wird. Die Entscheidung des BGH hat potenzielle Auswirkungen auf zukünftige Fälle sexuellen Missbrauchs, insbesondere im Hinblick auf die Anforderungen an die Feststellung eines Täter-Opfer-Ausgleichs und die Individualisierung von Straftaten in Serien.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 15. Januar 2025 – 2 StR 341/24