Einleitung: Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in einem aktuellen Urteil vom 29. Januar 2025 (VIa ZR 1020/22) die Rechte von Verbrauchern im Abgasskandal gestärkt. Das Urteil betrifft die Haftung eines Automobilherstellers für den Einbau unzulässiger Abschalteinrichtungen und eröffnet Käufern die Möglichkeit, Differenzschadenersatz zu verlangen.
Der Kläger hatte im Februar 2017 einen neuen VW Tiguan mit Dieselmotor der Baureihe EA 288 (Schadstoffklasse Euro 6) erworben. Das Fahrzeug enthielt unstreitig ein sogenanntes "Thermofenster". Der Kläger verlangte Schadensersatz und wollte so gestellt werden, als hätte er den Kaufvertrag nicht abgeschlossen. Landgericht und Oberlandesgericht wiesen die Klage ab.
Zentrale Frage war, ob dem Kläger neben dem sogenannten "großen Schadensersatz" auch ein Anspruch auf Ersatz eines Differenzschadens aufgrund des Einbaus einer unzulässigen Abschalteinrichtung zusteht. Das Berufungsgericht hatte dies unter Verweis auf die fehlende Drittschutzwirkung der relevanten EU-Richtlinien verneint.
Der BGH hob die Entscheidung des Berufungsgerichts auf und verwies die Sache zurück. Der Senat bestätigte seine frühere Rechtsprechung, wonach die Bestimmungen der §§ 6 Abs. 1, 27 Abs. 1 EG-FGV Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB sind. Diese schützen das Interesse des Fahrzeugkäufers, keine Vermögenseinbuße durch den Kauf eines Fahrzeugs mit unzulässiger Abschalteinrichtung zu erleiden. Der BGH stellte klar, dass dem Kläger zwar kein Anspruch auf den "großen Schadensersatz" zusteht, jedoch ein Anspruch auf Ersatz des Differenzschadens möglich ist. Da das Berufungsgericht diese Möglichkeit nicht geprüft hatte, wurde die Sache zurückverwiesen.
Das Urteil hat erhebliche Auswirkungen für geschädigte Verbraucher im Abgasskandal. Es eröffnet die Möglichkeit, auch dann Schadensersatz zu verlangen, wenn ein "großer Schadensersatz" nicht in Betracht kommt. Betroffene können nun den sogenannten Differenzschaden geltend machen, der den Wertverlust des Fahrzeugs aufgrund der unzulässigen Abschalteinrichtung abdeckt.
Die Entscheidung des BGH stärkt die Rechte der Verbraucher im Abgasskandal und erhöht den Druck auf die Automobilhersteller. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung in diesem Bereich weiterentwickelt und wie die Gerichte den Differenzschaden im Einzelfall bemessen werden. Betroffene sollten sich anwaltlich beraten lassen, um ihre Ansprüche effektiv durchzusetzen.
Quelle: Bundesgerichtshof, Urteil vom 29. Januar 2025 - VIa ZR 1020/22 (Pressemitteilung des BGH)